Meine erste Woche

02.October 2012 - Delhi


Hallo Freunde!
Nun bin ich schon seit einer Woche in Indien. Am 23.9. flogen wir Nachmittags in Düsseldorf los bis nach Istanbul, doch aus einer Stunde Aufenthalt wurden 24 Stunden. Dank aggressiven nervigen Engländern im Flugzeug, die die Maschine wieder verließen, starteten wir eine Stunde zu spät in Düsseldorf und konnten unseren Anschlussflug gar nicht mehr erwischen. Genau in dem Moment als wir am Gate ankamen, wurde der Flieger abgekoppelt. Turkish Airlines war so nett uns ein 5 Sterne Hotel zu stellen. So konnten wir fünf Mädels noch ein bisschen Istanbul Luft schnuppern, machten eine interessante City Tour mit dem Bus wie es sich für gute deutsche Touristen gehört. Wir gingen auf einem schönen Basar einkaufen und lernten sogar etwas über Teppiche!

24 Stunden zu spät starteten wir also ausgeruht und weniger gestresst Richtung Delhi. Um 4 Uhr morgens Ortszeit kamen wir etwas beschwipst von der Bloody Mary, Wein und Bier auf Turkish Airlines Kosten, in Delhi an. Drei unserer indischen Girls holten uns nach kurzer Wartezeit ab. Während wir auf Neha, Aditi und Raisa warteten, bekamen wir auch das erste Mal zu spüren, was es bedeutet als Europäerin nach Indien zu reisen. Ein Mann machte sogar heimlich Fotos von uns mit seinem Handy. Aber das war nur der Anfang dieser Art von merkwürdigen Erfahrungen. Die Eindrücke während der Autofahrt zu unserer Wohnung waren sehr unterschiedlich. Erst einmal habe ich mich gefragt warum so früh morgens schon so viele Menschen auf der Straße sind und was die da machen. Wir fuhren während des Sonnenaufgangs durch die Stadt, was auf alles auf irgendwie ein schönes Licht warf, doch zugleich war ich auf einfach zu müde und abgekämpft um alles wirklich zu realisieren.

Unsere Wohnung ist schön und groß, vier Zimmer, zwei Bäder und ein großer Balkon auf dem es sich Abends schön sitzen und Chai trinken lässt. Zwar mussten wir noch ein paar Tage auf unseren Kühlschrank warten und eine Klimaanlage haben wir auch nicht, doch die ganzen Ventilatoren an der Decke pusten uns Nachts ein wenig Luft zu, während einen die Mücken zerstechen.

In den letzten Tagen haben wir einige Sehenswürdigkeiten besichtigt und waren auch ordentlich indisch shoppen. Als Deutsche in indischer Kleidung herum zu laufen ist irgendwie angenehmer, denn wenn man sowieso schon ununterbrochen angestarrt wird auf der Straße, wäre es dumm auch noch in kurzer Hose und "aufreizendem" Top durch die Stadt zu laufen. Meine helle Haut, blonden Haare und die 1,78m Körpergröße sind schon krass genug für die Inder.Viele freuen sich auch sehr darüber, dass man indisch gekleidet ist. Sie strahlen einen und man hört im Vorbeigehen nur ein "Ooh, you're looking like an indian girl, soo pretty."

Wir leben im Viertel "Model Town", was natürlich nahe liegt... Scherz beiseite, es kommt einem vor wie ein eigenständiges Dörfchen. Man hat einfach nicht das Gefühl, dass man in einer Großstadt ist. Mehrfamilienhäuser dicht aneinander gedrängt in Verbindung mit Kühen die durch die Straßen wandern, Obst- und Gemüsestände, Straßenstände bei denen man seine Kleidung bügeln lassen kann, sorgen dafür, dass man sich nach einem Besuch von Old Delhi mehr oder weniger erholen kann, weil es einfach ruhiger und stressfreier ist.
Wobei ruhig ist es sowieso nie in Delhi. Selbst in Model Town wird wie Überall ununterbrochen gehupt und jeder muss wie die Axt im Wald Auto fahren, sonst kommt man hier nicht von A nach B.

In Old Delhi haben wir einen Tempel und das Red Fort besichtigt. Schon als wir aus der Metro Station hinaus traten, spürten wir "Ok, DAS ist Delhi!". Verkaufsstände neben Bettlern, unter unvertrauenswürdig aussehenden Stromleitungen und Kabeln auf denen wiederum Affen sitzen. Der Weg raus aus dieser Verkaufsstraße war purer Stress, weil einen jeder Verkäufer ansprach, die Rikschah Fahrer versperrten einem den Weg, damit man bei ihnen mitfährt und sie einen zum Red Fort kutschieren dürfen. Doch wir wollten uns zu Fuß durchschlagen und Old Delhi auf eigene Faust erkunden. Auf dem Weg entdeckten wir eine Parade mit bunten Wagen die mit ebenso bunten Götterfiguren verziert waren. Die Tuba Bläser freuten sich, dass wir dort am Straßenrand standen und zusahen, so wurden wir prompt "angetutet", dass uns die Ohren wegflogen.

Im Tempel vor dem Red Fort mussten wir natürlich zu erst einmal unsere Schuhe ausziehen, wanderten im Tempel umher und besuchten das winzig kleine Meditations "Centre", wobei "Centre" maßlos übertrieben war. Der Tempel selbst war sehr schön verziert und die betenden Menschen gaben ihrem Gott Reis als Opfergabe. Direkt am Tempel gibt es ein "Birds Hospital" in das Menschen verletzte Tiere bringen, damit sie dort aufgepäppelt werden. Das war eine eher ekelhafte Erfahrung, weil ich nicht gerade ein Freund von Tauben bin und schon gar nicht von ekelhaft entstellten Tauben. Ein verletztes Kaninchen hatte sich auch noch dorthin verirrt und schaute uns mit seinem bedrohlich weit heraushängendem kaputten Auge an. Juhuu, da geh ich hin, um mir den Appetit verderben zu lassen. Doch dass sie einen verletzten Adler versorgen, fand ich toll.

Am Samstag meiner ersten Woche wollten sich drei von uns Mädels mal verwöhnen lassen. So ließen wir Davida und Kiki Zuhause, die dann etwas Zeit für sich haben konnten und gingen in Model Town zum Beauty Salon. Yeah! Neha brachte uns gemeinsam mit ihrer besten Freundin dort hin, um zu schauen, dass man sich gut um uns kümmert und wir nicht "betuppt" werden beim Preis. Los ging es mit Maniküre und Pediküre für schlappe 750 Rupien. Das sind umgerechnet keine 11?! Doch die Maniküre und Pediküre bedeutete nicht nur einfaches pflegen und bisschen Nägel lackieren, nein, sondern die Hände, Arme, Füße und Beine wurden einmal komplett durchverschönert und massiert und durch die Mangel genommen. Mein Verschönerer hieß Sunny und ich glaube er hat sich innerlich den Popo abgefreut eine große Blondine betüdeln zu dürfen. Ich wollte mich entspannen, aber er musste die ganze Zeit irgendwas in gebrochenem Englisch fragen und wie es halt meine Art ist musste ich natürlich zurück plappern, weil ich ja nicht wollte, dass er aufhört zu grinsen während seiner wundervollen Massagen und Pfeilerei. Dass er mir bei der Handmassage auf einmal den Daumen absichtlich wieder eingerenkt hat und es laut geknackt hat, hat mich zu einem lauten "Wooooow" und ihn zum lachen gebracht. Ich wusste nicht mal, dass so etwas geht. Die Bein Massage war angenehm bis furchtbar schmerzhaft, aber danach bin ich dann wie auf Wolken gewandelt. Für die ganze Prozedur würde man in Deutschland wohl das zehnfache bezahlen. Das wird ab sofort zum Ritus alle zwei Wochen!

Am Sonntag fuhren wir Nachmittags zum Connaughy Place und wollten eigentlich von da aus zum Mahatma Gandhi Memorial, aber das hätte sich nicht mehr gelohnt, weil es schon um 17Uhr schließt, also gingen wir in den Park und ließen uns wieder von den Indern anstarren und ungefragt und manchmal gefragt fotografieren. Ganz großes Kino...
Als wir in der Mitte des Parks auf den Stufen saßen, sahen wir zwei Europäer und weil sie inmitten der ganzen starrenden Inder genauso verloren wie ich aussahen (und dabei nicht schlecht...) ging ich zu ihnen, um sie mit meinem ganz tollen Englisch voll zu brabbeln. Ariel und Galid kommen aus Israel und sind total nette Jungs, die wie so viele Israelis nach ihrer Zeit in der Armee Ruhe in Indien suchen. Da die beiden genauso lange in Indien bleiben wollen wie ich, dachte ich mir, dass ich schon mal Kontakt mit zwei Backpackern halten sollte. Wir tauschten Kontaktdaten aus und verabredeten uns für den Abend, falls wir Mädels und sie Zeit dafür finden.
Am Abend kamen sie dann wirklich zu uns und wir verbrachten einen feucht fröhlichen Abend mit Bier und lustigen Gesprächen. Was sie mir auf hebräisch beibrachten, habe ich leider schon wieder vergessen. Lag bestimmt nicht am Bier. Am nächsten Tag mussten sie leider schon weiter nach Goa, (Oh mein Gott, dieser schreckliche Neid!) sodass wir uns dann gegen 2 verabschiedeten und uns versprachen uns irgendwo irgendwann in Indien wiederzutreffen. Die ersten Backpacker-Freunde gefunden. Check!

Neha plante für den Montag eine tolle Tour mit zwei Taxen durch Delhi. Wir besichtigten zwei Tempel, wo ich mich erstmal von meinen Sünden reinwaschen konnte. Und nein, es gab keine Sünden mit gewissen Israelis abzuwaschen, wie einige meiner Freundinnen, ok alle meine Freundinnen, jetzt glauben mögen! Shame on you, girls! Der erste hinduistische Tempel war ein Tempel der Sikhs. Kurz gesagt: Die Turbanträger mit Bart. Ich trank heiliges Wasser, aß heiligen Süßkram und war danach total heilig.
Im zweiten Tempel, der Tempel des Affengottes Hanuman, bekam ich mein erstes heiliges Bindi und trank noch mehr heiliges Wasser. Aber was noch viel interessanter für mich abergläubige Nudel war: Ich ließ mir aus der Hand lesen. Der Mann nahm dafür 100 Rupien und war Neha's Übersetzung zufolge total begeistert mir , der deutschen Blondine, aus der Hand lesen zu dürfen. Einiges seiner Aussagen verwunderten und verblüfften mich, vor allem dass er meinte, dass ich meine Halbgeschwister, die in Russland leben, 2014 kennenlernen werde und ich exakt den Plan habe 2014 nach Russland zu reisen. Abgesehen davon, dass ich total intelligent bin, stinkreich werde, noch zwei große Lieben auf mich warten und die erste davon im Juni treffen soll, bekomme ich auch noch zwei Kinder, werde steinalt und mein Leben wird halt eh der Oberburner. Naja, man darf gespannt sein, ob er Recht behalten wird. Hoffen wir es mal für mich.

Am Dienstag, also der zweite Oktober war Mahatma Gandhis Geburtstag und man hörte es schon morgens auf den Straßen. Man hörte nämlich fast gar nichts mehr. Delhi hatte einfach mal zwei Tage frei bekommen dafür und wir suchten den sagenumwobenen See in unserem Viertel auf. Sagenumwoben nur deshalb, weil wir nicht glauben konnten, dass es hier wirklich einen See gibt und wie mag er aussehen?