Von Wunderheilungen und Museumsbesuchen

08.October 2012 - Delhi


Freunde der Sonne,

wir schreiben Montag, den 8.Oktober 2012, ich sitze auf meinem Bett, lausche den Mumford & Sons und lecke meine Wunden. Was ist mir passiert? Nichts dramatisches, wenn man bedenkt, dass ich in einem Land bin, wo Malaria, Dengue- und Gelbfieber an der Tagesordnung sind.
Am Samstag Morgen kam Cuki, der Freund von Anna in Delhi an und so waren wir erstmal schön essen am Connaught Place, wo wir inzwischen unser Lieblingsrestaurant aufgetan haben. Nach einem köstlichen Mahl schlenderten wir noch an der Einkaufspassage entlang. Ein Typ, den ich für einen Betrüger-Guide hielt, meinte, dass ich aussehe wie eine Inderin, vermutlich lag das an meinen indischen Klamotten und meiner bunten Tasche. Als wir uns mal wieder durch den Verkehr gekämpft hatten landeten wir auf einem Basar. Überall werden dort Waren wie billige Kleidung, Gürtel und Ledergeldbörsen verkauft. Nichts interessantes für uns, also starrte ich wie "Hans guck ich die Luft" durch die Gegend und zack, knickte ich mit meinem rechten Fuß kräftig an einem abgebrochenen Bordstein um. Die Tränen schossen mir in die Augen, ich bekam kaum noch Luft vor Schreck und dachte nur "Ich darf mich nicht verletzen! Ich bin in Indien, ich will hier in kein Krankenhaus und schon gar nicht irgendetwas verpassen!". Meine Mädels und Cuki halfen mir. Schnell setzte auch schon Übelkeit durch den Schmerz ein, das war neu. Plötzlich kam eine Frau auf mich zu, sah mich besorgt an, drückte ihre Einkaufstüte einem jungen Inder in die Hand, vermutlich ihr Sohn, bückte sich, drehte meinen Fuß, ich schrie kurz auf, zog ruckartig an meinem großen Zeh, schaute mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck zu mir hoch und ging wieder. So hatte ich es mir in meinem Schockzustand zumindest gemerkt. Was war das? Wunderheilung? Mein Fuß wurde durch ihr Gezuppel nur warm, ob es das jetzt besser gemacht hat, kann ich nicht sagen.
Während unserer Verschnaufpause wurde Cuki gefragt, ob er sich mit den kleinen Söhnen eines Mannes fotografieren lassen würde, aber anscheinend fragten sie ihn nur anstandshalber, da auch wir Mädels auf das Foto sollten. Cuki stieg zum Haremsführer auf und wir verloren unsere Stimmen. Das gleiche passierte später auch noch mit einem Taxifahrer, sie sprechen nur solange mit uns bis ein Mann auftaucht und endlich wirklich was zu sagen hat...

Nach der Pause im Schatten für uns und meinen Fuß gingen wir (humpelte ich) weiter zur Metro und fuhren zum "Humayun's Tomb", was wohl das architektonische Vorbild vom Taj Mahal sein soll. Rote Ziegel mit weißen Verzierungen, kleineren Türmchen und einer riesigen weißen Kuppel mit goldener Spitze, umgeben von mehreren Hektar Grün. Ziemlich angenehm, da nicht soviel los war und auch mal andere Touristen dort waren, fotografiert wurden wir trotzdem wieder. Ungefragt und gefragt. Wie unauffällig es ja auch ist, mit seinem Handy direkt vor unserer Nase rumzuhampeln, als wenn wir nicht kapieren würden, dass sie uns ungefragt aufnehmen. Danach scharen sich manchmal mehrere Inder um ein Telefon, um zu schauen ob das Foto auch gut geworden ist. Ich weiß manchmal nicht, ob ich das akzeptieren oder vollkommen ausrasten soll. Sie haben in dem Moment einfach überhaupt keinen Respekt vor einem, andererseits freuen sie sich den Popo ab ein Foto von einem zu haben. Was soll man davon halten?

Letzten Donnerstag waren wir im National Art Museum, was auch eine Geschichte für sich war. Wir fuhren mit der Metro und der Autorikscha (das erste Mal) dorthin, die auch gerne "Tuk Tuk" genannt wird. Dieser Begriff wurde anscheinend aus Bangkok übernommen und ist inzwischen auch hier ins Vokabular übergegangen. Als wir ankamen und mal wieder durchleuchtet wurden, dachten wir, dass wir 300 Rupien für den Eintritt zahlen müssen als "Foreigners". Wir sollten eines Besseren belehrt werden.
Ich kann berichten, dass das mit dem Durchleuchten in Delhi ein Ritual ist, dass man mehr oder minder bei jedem öffentlichen Platz, Park und bei der Metro über sich ergehen lassen muss. Die Tasche kommt wie auf dem Flughafen ins Röntgengerät, man geht durch einen Körperscanner und wird dann nochmal schön betatscht und abgetastet. Alles läuft wie am Flughafen ab und man lernt dabei sehr gut Schlange zu stehen bzw lernt man, dass Inder nicht in der Schlange stehen wollen und denken, dass sie sich auch einfach mal vor eine Europäerin drängeln können. Man muss erwähnen, dass Frauen (Ladies) und Männer (Gents) natürlich getrennt durchsucht und untersucht werden, was wiederum bedeutet, dass sich also aus unserer Erfahrung die Frauen auch gerne mal vordrängeln, als wäre unsere Haut so weiß, dass sie schon durchsichtig ist und sich vor einen Unsichtbaren zu stellen, fällt ja niemandem auf und der Unsichtbare darf sich dann natürlich auch nicht beschweren!

In Delhi hat man furchtbare Angst vor Bombenanschlägen und die Verantwortung würde zu Lasten der Stadt oder der jeweiligen Firma gehen, wenn dort eine Bombe zündet. Selbst Kuscheltiere und Thermoskannen werden eingehend geprüft. Dazu muss man aber auch sagen, dass die Metro das billigste und schnellste Fortbewegungsmittel ist. Man zahlt Cent Beträge um von A nach B und selbst von der einen Seite der Stadt zur Anderen zu fahren. Wenn man dann an der Metro Station steht und zu einer Sehenswürdigkeit will, nimmt man sich eine Fahrradrikscha und fährt für höchstens 50Cent für 3 Personen zum gewünschten Ort. Wobei der Preis vom gefühlten Abschätzen der Erntferung und der Anzahl der Personen liegt, die mitfahren.

So, habe gerade meine erste Pizza in Indien geliefert bekommen, das ging razz fazz muss ich sagen und der Pizzalieferant war wohl ziemlich überrascht eine weiße Frau mit Wuschelhaaren und VW-Bus-T-Shirt vor sich stehen zu sehen, er vergaß fast mir meine Cola zu geben und traute sich gar nicht mir in die Augen zu schauen. Komisches Völkchen. Aber die Pizza war köstlich und endlich richtige Coca-Cola und keine Pepsi. Satt lässt es sich auch besser schreiben.

Weiter im Text: Das Museum. Wir kramten Studentenausweise heraus, wobei Davida zwei hinlegte und einer davon schon abgelaufen war und Friederike und ich gar keinen dabei hatten. Da lagen also nun vier Studentenausweise für fünf Studentinnen auf dem Thresen und der Kassierer musterte sie eingehend, als hätte er wirklich eine Ahnung was da stünde. Dann sagte er nur "5 Rupien." . Ich legte ihm 5 Rupien hin und die anderen kramten nach weiterem Geld, da gab er uns zu verstehen, dass es eine Rupie pro Person bedeuten sollte.