El fin del mundo

22.February 2013 - Ushuaia


Ganz müde mitten in der Nacht aufgestanden, mit dem Taxi durch ein verlassenes Buenos Aires gefahren, kurz vor dem Flughafen hat das Taxi einen Reifenplatzer und schlingert, aber Gott sei Dank ist kein Verkehr und wir schaffen es zum Flughafen, vor Aufregung lasse ich meine Jacke im Auto liegen, aber was willst du? Der Taxifahrer trägt sie uns bis zum LAN Schalter nach. Sag ich doch: Morgenstund hat für mich zumindest kein Gold im Mund! Alles andere klappt trotzdem und nach einem sehr verschlafenen Flug sind wir plötzlich am Ende der bewohnten Welt, in Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt (obwohl es noch ein paar südlicher gelegene Ansiedlungen gibt, für die das Wort "Stadt" aber zu hoch gegriffen wäre) Komisch, man stellt sich monatelang auf diese Umstände ein, aber wenn man da ist, dann fragt man sich schon: wie weit ist man jetzt gekommen? Nur ein Katzensprung und die Antarktis beginnt! Natürlich lebt der Ort heute vom sprunghaft gestiegenen Tourismus, die Pioniersiedlung von einst, die ehemalige Strafkolonie franst an den Rändern aus, ein wilder Bauboom hat begonnen und Chinesen und Russen kaufen den Rest dieser Welt auf, aber trotzdem bleibt der Ort im Kern das, was er immer war: ein gottverlassenes Nest am Ende der Welt und bis heute eigentlich nicht bequem erreichbar. Der argentinische Staat zahlt Prämien und gibt Vergünstigungen an die, die sich hier ansiedeln wollen, aber es ist nicht nur die südlichste, sondern auch die teuerste Stadt der Welt wegen der schlechten Transportwege. Allerdings ist es wohl auch einer der sichersten Orte in Südamerika, denn wer kann hier nach einem Verbrechen schon schnell weg?
Hier soll also einer der Höhepunkte unserer Reise beginnen: die Expeditionsfahrtmit Cruceros Australis an Feuerland vorbei, durch den Beaglekanal, um Kap Hoorn, in die Gletscherwelt Südpatagoniens und durch die Magellanstraße zu den Pinguinen. Wir schauen skeptisch nach dem Wetter, denn im Vorfeld war viel die Rede von den eisigen Winden, den Graupelschauern mitten im Sommer. dem Dauerregen, aber Ushuaia präsentiert sich uns im wärmsten Sonnenschein, den ein Ort nahe an den Eisfeldern spenden kann: immerhin 18°. Mir ist es recht nach der Hitzeschlacht in Iguazu. Wir wohnen in einer ganz liebevoll gestalteten Hosteria hoch über Ushuaia mit Blick auf den Beaglekanal und wie es der Zufall will, hat die Besitzerin, eine Architektin, mit ihrem damaligen Mann drei Jahre in Erlangen gelebt! Da muss man erst das Ende der Welt erreichen, um solche Begegnungen zu haben! Wir tauschen Erinnerungen aus, sie freut sich, wieder mal Deutsch sprechen zu können und alles in allem gehören wir von jetzt an zur Familie, sogar der Hund akzeptiert uns. Wir haben 2 Tage Zeit und es gibt viel zu sehen: ein Taxifahrer, der uns eigentlich nur zum Tren del Fin del Mundo fahren sollte ( ein ehemaliger Güterzug für Holz aus dem heutigen Nationalpark, von Sträflingen gefahren, heute reserviert für Touristen), wittert das ganz große Geschäft und bietet uns drei Stunden Privattour für 50 Euros an (ausländische Währung ist hier sehr beliebt, denn die Argentinier kommen nur in sehr begrenztem Umfang an Devisen). Er fährt mit uns durch den Park, wartet geduldig, bis wir alles auf Platte gebannt haben, zeigt uns die Biberburgen, gegen die wahrscheinlich auch der Schutzstatus des Nationalparks nichts nützt, denn welcher Biber liest schon die Vorschriften, bevor er die geschützten Bäume an einem Nachmittag fällt? Ein arktischer Regenwald mit sehr fragilen Bäumen auf sumpfigem Untergrund - da haben die Bäume wenig Chance! Tragisch an der Geschichte ist, dass die Biber hier auf Feuerland gar nicht heimisch sind, sondern vor ca 100 Jahren eingeführt wurden, um einen Pelzhandel in Gang zu setzen, aber immer, wenn der Mensch der Natur ins Handwerk pfuscht, geht es schief.
Abends bummeln wir durch den Ort auf der Suche nach einem netten Gasthaus und finden Freddy's, wo man ganz vorzüglich Meerspinnen (centollas), die hier an der Küste gefangen werden und deshalb knackfrisch sind, zubereitet. Ein unerwarteter, aber sehr bekömmlicher Abschluss unseres ersten Tages am ..., na, Ihr wisst schon!Zu unserem Hotel müssen wir viele Stufen und unebene Wege hinaufsteigen, aber Gott sei Dank bleibt es hier sehr lange hell. Ein junger Jogger mit Smartphone weißt uns den Weg zu unserer Hosteria, wir hätten uns doch sonst glatt ein bisschen verirrt.