Blue Mountains

12.September 2009 - Port Antonio


Die Blog-Eintraege kommen jetzt mal etwas unsortiert, was die chronologische Reihenfolge angeht, bin in letzter Zeit irgendwie kaum zum Schreiben gekommen :)

Zuerst will ich daher nun von unserem grandiosen Wochenendtrip erzaehlen: einer Reise in die feucht-kuehlen, gruen bewaldeten Blue Mountains, Heimat des weltberuehmten aromatischen Kaffees.

Samstag morgen, 9:00 Uhr
Wir treffen uns mit Captain Reebo, unserem alten Bekannten von unserer Bambusflossfahrt auf dem Rio Grande (Bericht folgt ;), der unser Reiseguide sein wird. Gleich faellt auf: Waehrend wir mit Trekking-Rucksaecken aufmarschiert sind, hat sich der Captain ein lockeres Saeckchen auf die Schulter geschwungen, in das nicht mal unser Proviant gepasst haette. Er hat den Reiseplan schon im Kopf und so sind wir kurz darauf schon im vollen Bus in Richtung Kingston. Wir stellen schockiert fest, dass Busfahrten hier noch viel billiger sind als alles andere... fuer die Fahrt nach Kingston zahlen wir gerade mal 300 J-Dollar, etwas weniger als 3 Euro... das ist weniger als ein zehntel dessen, was wir fuer unser Taxi bezahlt hatten.
In Kingston landen wir unweit unserers Hotels der ersten Nacht auf Jamaika, damals vor so langer Zeit, als die grosse Kofferpanne unsere Nerven so strapazierte.

Wir steigen um in einen Minibus, auch hier dicht gepackt, und winden uns zwei Stunden lang die kurvenreichen und ueberraschend ausdauernd bewohnten Strassen ins Herz der Blue Mountains hinauf. Irgendwann geht auch das nicht weiter. Reebo besorgt uns eine Mitfahrgelegenheit in/auf einem 4x4 Pickup. "In" fuer Ruth, "auf" fuer mich und die anderen Mitfahrer... eine grossartige Gelegenheit, die Landschaft auf sich wirken zu lassen: auf dem mit leeren Getraenkekisten klimpernden Deck einen stabilen Stand suchend, beide Haende an der Reeling und immer schoen geschmeidig mit dem riesigen Schlagloechern und der schraegen Fahrbahn mitschwingen. Herrlich! Mein persoenliches Highlight dann eine dreiviertelstunde spaeter: Jerk Chicken mit Plastikgabel im Stehen essen, waehrend unter einem der Pickup bei 10-15Gefaelle die holprige Piste hochdonnert und es in Stroemen regnet... haette ich doch davon nur ein Foto... aber das Huehnchen war super!

Schliesslich prasselte dann der tropische Regen mit voller Wucht auf uns herab. Wir ziehen die blaue Plastikplane hervor und kauern uns sogut als moeglich darunter, nass sind wir eh erstmal.
Dann macht auch der Pickup irgendwann schlapp: nach vergeblichem Leerdrehen und mehreren schwungvollen Anlauefen mit Vollgas kommen wir nicht mehr weiter. Zum Glück hat der Regen etwas nachgelassen. Wir schultern unsere Rucksäcke und marschieren die restlichen Kilometer zum "Basislager", einer Kaffeeplantage des freundlichen Rastamann Jah B. Der hat das Touristengeschäft erkannt und baut gerade fröhlich an, so dass wir (unerwarteterweise) in den Genuß halbfertiger, aber geräumiger und komfortabler Zimmer kommen. Captain Reebo kocht ein jamaikanisches Nationalgericht, Akkee mit Salzfisch - lecker! Auf der Veranda von Jah B's Hütte eine Hängematte, weit unter uns die glitzernden Lichter von Kingston am Horizont, über uns Unmengen funkelnder Sterne. Trotz des großartigen Anblicks gehen wir früh in die Koje, schließlich wollen wir auch früh raus.

Sonntag morgen, 2:00 Uhr

Schuhe an und los! Mit Taschenlampen bewaffnet marschieren wir in Richtung Blue Mountain Peak. Auf 12 km Strecke hoch kommen etwas mehr als 1000 Höhenmeter... es geht steil hinauf; zum Glück scheint die Sonne noch lange nicht und die Luft ist kühl. Immer mal wieder lugen die Lichter der Stadt zwischen der dichten Vegetation hervor, sonst ist alles erfüllt vom Gezirpe der Waldbewohner. Der klare Sternenhimmel verspricht einen trockenen Aufstieg.
Auf halber Höhe kurze Pause im Dunkeln am Portland Gap auf 1600 m.
"Lion Zion, you know?", lässt uns Reebo wissen.
Wir nicken, aha.

Wir passieren eine kleine Gruppe anderer Wanderer, die sich ordentlich erschrecken, als wir hurtig vorbeiziehen. Schließlich wollen wir den Sonnenaufgang auf dem Peak nicht verpassen!

Nach etwas mehr als 3 Stunden ist es soweit: der Himmel wird langsam rosig, als wir die letzten Meter hinaufkrakseln. Ein ganz eigentümlicher Vogelgesang kündigt den neuen Tag an. "Welcome to the Peak" steht dort auf einem wetterverwaschenen Metallschild. Tatsächlich, wir sind auf dem höchsten Punkt Jamaikas, dem Blue Mountain Peak mit etwas mehr als 2200 m über dem Meeresspiegel. Und wir kommen rechtzeitig: nur wenige Minuten später der erste rote Streifen der aufgehenden Sonne am Horizont. Die Farben, die Wolkentürme... wir sind tief beeindruckt, vergessen sind die Strapazen der letzten Stunden. Eisig kalt ist es hier auf dem Gipfel. Tief unter uns erstreckt sich am Südende der Insel die gewaltige Metropole von Kingston, zum Norden hin können wir zwar heute nicht bis zum 90 km entfernten Kuba sehen (eine Wolkenwand am Horizont läuft uns quer), aber wir begnügen uns mit dem großartigen Ausblick auf Jamaica.

Schließlich rollt, wie jeden morgen hier oben, der Nebel ein. Ein letzter Blick; Zeit zum Abstieg.
Der geht nun, immer bergab, erstaunlich flott. Im Tageslicht ist unser Wanderweg nicht wieder zu erkennen: aus schwarz wird grün, so mancher passierte steile Abhang ins Unterholz ist erst jetzt sichtbar, der weite Blick in die Blue Mountains (nicht etwa Erschöpfung ;) lässt uns immer wieder inne halten. Zwischen den Bäumen huschen Kolibris, Doctor Bird's und übergroße Rotkehlchenvettern.

Zurück bei Jah B's trinken wir eine Tasse selbstgebrannten... Kaffee natürlich :) Einer seiner Söhne gibt uns eine Mitfahrgelegenheit nach Kingston runter, von dort geht's mit dem Bus zurück nach Porti. Ein großartiger Trip!