Willkommen an der Kyudai

14.October 2009 - Fukuoka


An diesem schönen Mittwoch Abend machte ich mich mit Alex und Daniel (Siehe "Wanderung am Feiertag") auf den Weg zur offiziellen Willkommensfeier der Universität Kyushu (alias Kyudai).
Aber zu allererst war ein logistisches Problem zu meistern: die Standortverlagerung unserer Personen vom Uni Campus "Ito" zum "Fukuoka Resort Hotel" in der Nähe des Campus "Hakozaki".

Entfernung: ungef. 23km
Hindernisse: die gesamte Innenstadt von Fukuoka

Nach reichlichen Überlegungen entschieden wir uns gegen die "öffentliche Bus und Bahn"-Variante und bevorzugten die extra bestellten Busse der Universität. Dies hatte allerdings einen Haken: für insg. 82 angemeldete Personen gab es nur 70 Plätze. Also hieß es rechtzeitig an der Haltestelle sein und sich mit Ellenbogen gegen die meist-chinesische Drängelei wehren. In diesem Zug hat sich eine Strategie als wirklich vorteilhaft erwiesen: die Initiative ergreifen. Während der Rest der Schäfchen darauf wartete, dass ein Bus an genau die Stelle fährt, an der vorher schon zwei kleinere Busse abgefahren sind, sind wir einfach vorstürmt und haben uns die letzte Reihe der Busses gesichert. Womit wir allerdings nicht gerechnet hatten war: Der Bus wurde wirklich bis an den Rand vollgepackt (eigentlich logisch, wenn man die oben genannten Zahlen berücksichtigt). Dieses vollpacken resultierte in einer, in GER höchstwahrscheinlich verbotenen, Sensation für mich: aus den Armlehnen der rechten Sitze der rechten Sitzreihe (von hinten aus betrachtet) wurden Klappstühle hervorgezaubert, die es erlaubten in jeder Reihe eine zusätzliche Person in den Mittelgang zu setzen. Das Resultat: in jeder Reihe fünf Personen, der Bus randvoll, und ein Deutscher, der ganzen hinten saß und sich die Frage stellte, wie er bei einem Unfall aus dem Bus entkommen sollte... Nach einigen hektischen Blicken entdeckte ich jedoch, dass die Fenster allesamt zu öffnen waren. Damit entfiel zwar das zerschlagen mit dem Hammer, was ich liebend gern auch mal gemacht hätte, aber man kann sich das ja nicht aussuchen, ge?
Zum Glück ist nichts passiert und nach einem kleinen Nickerchen im Bus kamen wir dann auch gut in dem Hotel an. Nach weiteren 10 min warten und dem Kampf um ein Namensschild mit 200 anderen Studenten, wobei eigentlich jeder sein eigenes hatte und der Kampf überhaupt nicht gerechtfertigt, durften wir uns dann auch in den großen Saal begeben, in welchem uns ein schönes Buffet erwartete. Es gab sogar Windbeutel! ? (siehe Bilder links)
Bevor man sich allerdings über das Buffet, dessen Inhalt und die Freigetränke (BIER!), welche gemeinerweise die ganze Zeit und von Anfang an kalt und wasser-an-sich-kondensierend vor uns standen mussten wir die Begrüßungsreden über uns ergehen lassen, die zu 80in Japanisch (und wirklich hohes Japanisch? Keine Chance für jmd. der da nicht richtig drin steckt) 10aus English und 10Chinesisch und Koreanisch bestanden. Zumindest weiß ich jetzt, dass wir uns an dieser Uni unsere Wünsche erfüllen und unsere Ziele hoch stecken können, weil sie landesweit berühmt ist. Na dann: Auf zum studieren!

Aber erst wartete kaltes, köstliches Bier und ein überaus köstliches Buffet. Wobei? Die Drängelkultur der Chinesen (und es waren ungef. 80aller Anwesenden chinesischer Herkunft), die ich schon am Flughafen in Peking erfahren durfte, auch hier wieder das Bild bestimmte. Wer nicht in den ersten 2s nach Ende der Ansprache am Buffet stand hatte verloren und stand in der dritten Reihe? Einzige Chance war ein breites Kreuz, das Kampfgewicht von 75kg (ist nicht viel, aber hier wiegt der Durchschnitt der Männer auch nur 65kg, von den Frauen ganz zu schweigen), bunt gefärbte Haare und ein böser Blick. Zum Glück, dass ich das alles besitze :P.
Halbwegs gefüllt (trotz meiner Kampfeigenschaften hatte ich nur 2mal kurz die Chance an Buffet ranzukommen, da ich zwischendurch normal gegessen habe. Aber wie sich im Anschluss gezeigt hat waren die Leute nicht nur gut im Drängeln, sondern auch im schnell essen?) und erfrischende Getränke zu mir nehmend konnte man sich so den wichtigen Themen des Abends zuwenden: Leute kennenlernen.
Hat auch gleich von Beginn an geklappt. Der erste war ein Franzose/Amerikaner (halb , halb), welcher in Japan die Depression in der japanischen Literatur in seiner Masterarbeit untersuchte. Sein Augenmerk galt literarischen Autoren, welche Selbstmord begingen und sein größtes Idol schien ein Autor zu sein, welcher 5 Selbstmordversuche hinter sich hatte und es jedes Mal nicht geschafft hatte, während die Frauen, die mit ihm Selbstmord begingen, jedes Mal starben. Da war jmd. unfähig. WAR, denn man hat ihn an seinem Geburtstag tot bei seinem 6. Versuch aufgefunden mit einer nächsten Frau, welche natürlich auch tot war. Nachdem ich dann seine Bekannte (auch USA) nach ihrem Thema fragte und sie mir antwortete, sie studiere Psychologie mit dem Fokus auf die generelle Depression der japanischen Kultur reichte es mir von Toten und ich zog weiter. (die Gruppe inklusive beiden ist auf dem [xxxx]. Bild links zu sehen)
Der Abend neigte sich schnell dem Ende, denn viel zu früh erfuhr ich, dass der Bus die Heimreise antritt. Schweren Herzens machten wir (Alex, Daniel und ich) uns auf den Weg zum Bus, der zum Büsschen mutiert war und nur noch Plätze für 20 Mann bereit hielt, knacke voll war, wobei 90der Sitze von Menschen einer einschlägig erwähnten Nationalität besetzt waren. (wenn ich noch weiter über die bereits zwei mal erwähnte Nationalität herziehe, legt man das bestimmt als fremdenfeindlich aus?)

Na wenn das kein Wink des Schicksals war!
Oder so.

Kurzum also wieder kehrt, ins Hotel rein, und mich noch einmal der Gruppe zugewandt, die ich gerade im Begriff war kennen zu lernen. Eine Stunde später und in tiefe Konversationen verstrickt wurden wir allesamt dann endgültig aus dem Hotel heraus gefegt. Da der Abend noch jung war (21 Uhr) war es immer noch zu früh der Innenstadt den Rücken zuzuwenden und auch wenn ich wusste, dass ich es am nächsten Tag bereuen würde, zog ich noch weiter. Alex und Daniel entschieden sich dagegen und so machte ich mich mit Max (ein Deutscher, den ich vorher auf meinem Campus kurz getroffen hatte und dessen Bekanntschaft ich an diesem Abend vertiefen konnte) Karin (GER), Tristan (AUS), Juyong (KOR), Anada (NL) und nem Italiener, dessen Name ich vergessen hatte, auf den Weg in Tristans Studentenwohnung, welche irgendwo in Fukuoka war? Irgendwo ist der richtige Ausdruck, denn außer einer wagen Beschreibung des Stadtteils weiß ich bis heute nicht, wo ich geographisch eigentlich genau war? Zum Glück gibt es Taxis und Personen, die ungefähr wussten wo wir hinmussten. Angekommen einen kurzen Abstecher zum nahegelegenen Einkaufscenter für Verpflegung und schon ging der Chill-out in der Wohnung los. Ein schlechtes Gewisen plagte mich ja schon, denn immerhin sollte ich am nächsten Tag meine Zeit nehmen lassen auf 2km laufen für den Marathon Anfang November? Aber solche Gelegenheiten ergeben sich meist nur einmal alles halbe Jahre, weswegen den Teil meines Hirns einschaltete, der für?s Verdrängen zuständig war.
Ein Problem stellte sich allerdings noch. Zu der mittlerweile fortgeschrittenen Stunde fuhr weder der Bus zwischen Bahnhaltestelle und meinem Campus, noch ein Zug zur besagten Bahnhaltestelle. Was tun? Karin stellte uns (Max und mir) letzten endes ihre Couch und eine Futondecke zur Verfügung, welche Max und ich uns brüderliche aufteilten, indem er die Decke und den Boden bekam und ich zwei Schals (als Kissen) und die Couch. Nach 2 weiteren Stunden guter männlicher Unterhaltung über unsere Vergangenheit und Zukunft und Frauen sind wir dann gegen 4 schlafen gegangen, wobei mich, aus mich unbekannten Gründen, um 7 Uhr morgen irgendwas aufweckte und ich beschloss heimzufahren. Nachdem ich Max auch noch aus dem ?Bett? gekickt hatte machten wir uns auf den Heimweg, wobei niemand von uns beiden wusste, wo er war und wie er heimkommt. Wir kaperten also einfach den nächsten Bus und fanden irgendwie heim.

Um 9 Uhr legte ich mich dann noch einmal für ein kleines Nickerchen in mein wohlverdientes, zum zweiten Mal heilig gesprochenes Bett.