Pandeys family

09.July 2010 - Kathmandu, Nepal


Die Pandeys. Sie sind die Verkoerperung nepalischer Gastfreundlichkeit, die so gross ist, dass es die Fantasie eines Europaers uebersteigt. Es gibt nichts, woran es mangelt und dabei ist aber auch nichts an Ueberfluss. Denn obwohl die Pandeys zur oberen Kaste gehoeren, ist alles knapp bemessen. Arun beispielsweise, der zweitaelteste Sohn, arbeitet fuer die Regierung im Sicherheitsdienst des Prime Ministers und verdient im Monat etwas mehr als 100 Euro. Bis auf 20 Euro gibt er das Geld am Ende des Monats, welches er in bar bekommt, Shova. Shova ist die Frau von Sudarshan, der aelteste Sohn der Familie. Sie haben gemeinsam einen fuenfjaehrigen Sohn, Sujal. Shova ist fuer alles Haeusliche verantwortlich: kochen, waschen, Rechnungen bezahlen, Geldmanagement, Erziehung von Sujal, Fuersorge fuer den Rest der Familie. So gibt es die nepalische Gesellschaft vor, dass die Frau des aeltesten Sohnes, die meiste Arbeit und die Verantwortung fuer alles hat. Im Vergleich zu Prava, die juengste Tochter der Pandeys, die vor vier Monaten geheiratet hat und in das Haus ihres Ehemannes Dipok gezogen ist, hat Shova eine herrliche Schwiegermutter: Sita. Sita und Ram (der Mann) sind die Eltern von Arun, Sudarshan und Prava. Sita ist eine Wucht, voller Humor und Herzlichkeit. Ram hat Demenz im fortgeschrittenen Stadium und verhaelt sich entsprechend verschieden, aber grundsaetzlich freundlich und zurueckhaltend. Sita besucht seit einem halben Jahr die Schule und lernt lesen, schreiben und rechnen. Zuerst hatte ich es so verstanden, das dies eine staatliche Massnahme zur Steigerung der Alphabetisierungsrates des Volkes ist, aber ist es doch nicht. Sita besucht eine Privatschule und muss entsprechend Geld dafuer zahlen.
Dies ist also die Familie, in der ich lebe. Die hat natuerlich noch unzaehlige Verwandte - allein Shova hat noch sieben Geschwister.... Was ganz massgeblich ist, ist, dass die Jungen die Alten unterstuetzen und respektieren. Vor ihnen wird viel verheimlicht, viel Fuersorge gezeigt und viel drumrum organisiert. So essen erst die Eltern bevor die Kinder essen, dand die aeltesten Kinder...was zur Folge hat, dass Hausfrauen wie Shova und Prava morgens um vier oder fuenf ihren Tag beginnen, aber erst nachts um elf, zwoelf Uhr ins Bett koennen, weil einer der Soehne draussen noch feiert und spaet zum Abendessen kommt. Das gebieten die Regeln so. Manchmal muss ich hier schon schwer schucken. Die Frauen wissen um ihre unterdrueckte Rolle und nehmen sie in Kauf. Es gibt Frauenbewegungen in Nepal, manche Nurses auf meiner Station sind dahin gehend aktiv. Aber die Realitaet scheint mittelalterlich zu sein. Und dabei muss man sich vorstellen, dass die meisten Frauen neben ihren haeuslichen Aktivitaeten ja noch studieren oder arbeiten! Durch das Studium sind sie entsprechend gebildet, so dass ihnen auch nicht die Vergleichsmoeglichkeiten zu anderen Laendern und Kulturen fehlen. Und viele Frauen heirtaten hier schon ab 18, 19 Jahre. Viele auch spaeter, aber ich kenne bisher keine 25jaehrige Frau, die nicht verheiratet ist.
Aber bei den Pandeys stimmt soweit alles. Sie sind eine harmonische Familie, die natuerlich auch ihre Konflikte haben, aber das kriegt man dann mit, weil wir sind ja hier Familienmitglieder!