Namaste! Part I

18.June 2010 - Kathmandu, Nepal


Das ist das Gruss- und Abschiedswort in Nepal. Dabei fuehrt man die Haende zusammen und verbeugt sich leicht. Jetzt bin ich seit einer Woche hier und lerne jeden Tag so viel an Namen, Sprache und Sitten und habe gleichzeitig das Gefuel, je mehr ich lerne, desto konfuser wird es teilweise. Das liegt auch daran, das - was die Sprache betrifft - unser Woerterbuch leider oft falsch informiert und die Betonung von Silben hier wie im Chinesischen eine grosse Rolle spielt. Betont man falsch hat man schnell ein anderes Wort gesprochen.
Was die Sitten betrifft, ist es auch schwer zu begreifen, was den nun richtig ist, weil unsere Gastfamilie so herzlich und tolerant ist, dass man schwer durchschauen kann, wann man den nun was falsch gemacht hat. Und die Sitten hier sind in jedem Fall sehr anders als bei uns, so beispielsweise das Verhaeltnis zwischen Maennern und Frauen, arrangierte Hochzeiten, der tiefe, lebensbestimmende Respekt vor den Eltern, Essen mit der Hand und vieles mehr. Und was die Namen betrifft....das ist ein wahre Herausforderung, sich diese zu merken, da sie so fremdartig klingen. Allein der Kern unserer Familie sind Arun, Prava, Shova, Sudarshan, Sita, Ram und Sujal, aber ausgesprochen hoert sich das alles nochmal anders an ;-). Daneben gibt es die ganzen Hausbewohner, die zur Zeit 23 Patienten, Arbeitskollegen und ferne Verwandten.

Mein erstes Wochenende habe ich damit verbracht, den Stadtkern von Kathmandu ein wenig kennen zu lernen. Dabei gibt es den touristischen Teil Thamel, bei dem sich ein Kleiderladen und Trekkingladen an den naechsten reiht. Es gibt so viele bunte Schilder, dass ich trotz eines eigentlich guten Orientierungssinnes jedes Mal verloren gegangen bin. Aber das wichtigste ist, dass ich weiss, wo ich wohne und dass ueberall Taxis stehen, die zum Glueck sehr billig sind :-). Kathmandu ist sehr, sehr bunt und unheimlich laut (das Hupen der Autos und Motorraeder), dass ich froh bin die Ohrstoepsel vom Flug behalten zu haben. Es ist wahnsinnig schmutzig und stinkend hier, da es keine Muelleimer gibt und der Muell ueberall in den Strassen liegt. Muelleimer fuer Touristen sind die grossen Muellberge, auf denen man sein eigenes Plastik etc. drauf wirft. Dann ist es hier so staubig und versmogt, dass viele Nepali mit Atemmasken herumlaufen und auch wir werden dies nun machen, weil sich diese Belastung einfach auf die Atemwege niederschlaegt. Ausserdem ist Kathmandu ein Meltingpot verschiedenster nepalischer Kulturen. So sehen die Menschen hier sehr unterschiedlich aus, aber alle sind sie klein und dunkel :-). Witzigerweise erlebe ich es auch hier, dass ich fuer eine Nepali gehalten werde. Aber dieser Irrtum ist aufgeklaert sobald ich anfange zu sprechen :-). Ingesamt ist Kathmandu ein Ort, an dem es anstrengend und zermuerbend ist zu leben, wenn man nicht daran gewoehnt ist. Das Wetter tut sein uebriges dazu. Es ist eigentlich Regenzeit, doch regnet es bisher nur sporadisch. Aber es ist faszinierend, wie schnell man sich gewoehnt. Ans Schwitzen, an die hohe Luftfeuchtigkeit, an den Geruch in den Strassen. Zum Glueck ist es bei unserer Gastfamilie entspannend und viel ruhiger.

Unsere Familie ist ein Glueckstreffer . Nepalis habe einen herrlichen Humor, sie sind sehr gesellig und so liebesnwuerdig und gastfreundlich, dass ich manchmal schon ein schlechtes Gewissen bekomme. Ich habe zwei Tage lang versucht meinen Teller nach dem Essen zu spuelen, aber dann hat sich Shova, die Schwiegertochter und somit verantwortliche "Haushaelterin" der Familie durch gesetzt und aus war es mit meinen Bemuehungen. Es ist, als ob wir fast schon beleidigen, wenn sie uns nicht unterstuetzen duerfen. Die Familienstrukturen sind sehr spannend. Unsere Gastfamilie hat drei kinder, zwei Soehne und eine Tochter. Ein Sohn, 33, ist verheiratet und lebt mit Frau und Kind hier im Haus. Eine arrangierte Hochzeit, da man in Nepal nur innerhalb der Kasten heiratet. Die Eltern der drei Kinder haben beispielsweise mit neun und elf Jahren geheiratet und mit 14 hat sie ihren ersten Sohn geboren. Das ist bei den Kindern heute nicht mehr der Fall. Die haben mit 25 geheiratet. Die Tochter hat vor drei Monaten geheiratet und 15 Tage zuvor erfahren, welchen Mann. Aber sie haben alle Glueck mit ihren lieben Eltern, weil diese wenigstens akzeptiert haben, dass die Kinder erst fertig studieren und nicht ganz fremde Leute heiraten mussten, sondern Bekannte aus der selben Kaste.
Das Haus ist mehrstoeckig und gehoert meiner Gastfamilie. Geld wird von den zwei Soehne erwirtschaftet, einer ist Polizist, der andere arbeitet im IT-Bereich. Das durchschnittliche Einkommen der beiden liegt bei jeweils 150Euro pro Monat und sie sind etwa Mittelstand in Nepal. Der Polizist verdient noch ein wenig mehr und hat durch die Beschaeftigung beim Staat auch noch Aussicht auf eine Pension. Aber die ist so laecherlich gering, dass immer die Familie und am besten eine grosse die Altersvorsorge bilden. Die Mutter ist 51 Jahre alt und besucht gerade zum ersten Mal in ihrem Leben eine Schule, wo sie lesen, schreiben und rechnen lernt und sogar einige Brocken Englisch. Das ist ganz lustig, weil wir gerade ebenso versuchen, Nepali zu lernen.

Unser Tagesablauf sieht so aus, dass wir morgens gegen sechs, halb sieben aufstehen, fruehstuecken, etwa 20min zum Krankenhaus laufen und dort von 8 - etwa 16Uhr arbeiten. Sechs Tage die Woche. Dann gehen wir heim und sind erstmal fertig...aber das legt sich hoffentlich in naechster Zeit nach Eingewoehnung noch :-). Wenn wir Glueck haben ist dann kein Stromausfall und wir gehen erstmal ins Internet. Doch leider sind hier sehr viele Stromausfaelle. Eigentlich in der Regenzeit weniger, da Nepal hauptsaechlich durch Wasserwerke Strom gewinnt. Aber fuer unsere Verhaeltnisse ist das viel. Die Familie meint immer so etwa sechs Stunden pro Tag (tagsueber!). Dann schaue ich, Franzi nicht so gerne :-), mit den Soehnen Worldcup. Heute haben wir zum Beispiel sturmfrei, weil die Eltern auf eine Hochzeit aufs Land gefahren sind und morgen ist frei, weil es Samstag ist. Deshalb muss ich Wettschulden einloesen, die da waeren, ein Red Label, den wir zusammen trinken werden. Dazu nepalische Spezialitaeten und extra fuer uns selbst gemachte Pommes :-). Die verlorene Wette war, dass ich fuer Suedkorea und gegen Argentinien gewettet habe.... Sonst sitzen wir einfach viel mit der Familie beisammen, lernen Nepali und gehen frueh schlafen.