Ein Hauch von Outback

14.February 2013 - Riverland


14.02.13

Am Morgen des letzten Tages in Adelaide bin ich nicht boese dem Pumakaefig den Ruecken kehren zu koennen und das "Shakespeare Hostel" zu verlassen. Es war eine Erfahrung wert, nur schien Sie mir - zumindest im konkreten Fall von dieser Herberge - nicht sehr wiederholungswuerdig. Bevor wir aufbrechen gehe ich noch ein letztes mal zur Bank, um zu checken ob meine Geldkarte endlich da ist. Ist sie natuerlich nicht. Auf dem Rueckweg noch fix beim Barbier reingehuepft und fuer 10 $ den Schaedel etwas aufpolieren lassen, Tasche im Hostel geschnappt und auf gehts. Wir werden direkt vor dem Haus von Stephen abgeholt. Bei Ihm war Lydia schon vorher mal 2 Wochen und sein Angebot wiederzukommen nahmen wir dankend an (was sich spaeter noch als die perfekte Entscheidung herausstellen sollte). Nach 10 Minuten hatten wir der Stadt den Ruecken gekehrt und danach ging es praktisch nur noch geradeaus. Die Strecke als schoen und abwechslungsreich zu bezeichnen waere, als ob man sagt Chemnitz sei eine schoene Stadt. Erstmals auf dieser Strecke wird mir klar, was fuer Ausmaße dieses Land annimmt. Wie unschwer auf der Karte zu erkennen, kann man den naechsten Punkt nach Adelaide nicht unbedingt als weit entfernt bezeichnen. Es stellt sich heraus, dass es sich dabei aber um knapp 300 Km (das ist ca. von Dresden nach Nuernberg) und fast 3 Stunden Fahrt handelt, die meiste Zeit vorbei an.. Naja, eigentlich an nix. Wie eingangs erwaehnt ist die Umgebung - je weiter man ins Landesinnere hervordringt - nicht sehr vielfaeltig und hat neben unendlich scheinenden Weiten, ab und an einem Baum und viel vertrocknetem Gras keinen besonderen Reiz. Still und heimlich frage Ich mich, wie genau man hier draussen anstaendig leben soll und waege die Wahrscheinlichkeit ab ein Kaengaru fangen zu koennen. Ein paar Minuten spaeter loest sich aber auch dieser Gedanke in Wohlgefallen auf, als wir die Schwelle zum Riverland ueberqueren und sich die Landschaft zu wandeln beginnt. Die Baeume werden ploetzlich zahlreicher und die Straße beschreibt sogar ab und an mal eine Kurve. Der Grund fuer die rasche Veraenderung ist natuerlich der Fluss (Wer haette das gedacht, ein Fluss in einem Gebiet mit dem Namen Riverland), der sich in weit ausbreitender Weise schlangenfoermig durch die Umgebung zieht. Er ist auch der einzige Grund, warum hier ueberhaupt erst gesiedelt und die 4 groeßten Staedte Berri, Barmera, Loxton und Renmark geruendet wurden. Wir fahren noch eine Zeit lang am Wasser entlang, bis wir schliesslich ankommen. Stephen - ein sympathischer Typ mit Sommersprossen und gewinnendem Laecheln - lebt mit seiner Familie etwas ausserhalb der Ihnen am nahe liegendsten Stadt Berri. Der Ort heißt Loveday, was alleine schon Grund genug ist dort zu wohnen und vereinigt, wenn es hoch kommt, 20 Haeuser in sich. Jedes Haus steht praktisch alleine und der naechste Nachbar ist mindestens ein paar hundert Meter entfernt. Das Haus der Winnalls, so der Nachname, ist einfach aber urig und hat alles was man braucht. Da stoert es auch nicht so sehr, dass der Druck mit dem der Strahl der Dusche arbeitet, ungefaehr mit dem eines 95-jaehrigen Prostatakranken zu vergleichen ist.
Insgesamt leben dort 5 Menschen: Stephen mit seiner Frau Debbie, der aelteste Sohn Lachlan (Lacklenn gesprochen), Ella, die Tochter und Harry, der mit 14 der juengste ist. Die Stimmung ist von Anfang an sehr locker - wie man es eben von Australiern erwartet - und familiaer. Gleich am zweiten Tag kriegen wir einen fetten Brocken vor die Fuesse geworfen mit dem wir nicht gerechnet haben. Stephen, der seinerseits in einer großen Weinfirma in Berri arbeitet, bietet uns an in ebenjener einen Job fuer 5 bis 6 Wochen anzunehmen. Das heißt, genauer gesagt ist es erstmal nur Lydia die das Angebot bekommt, denn zu diesem Zeitpunkt ist nur eine Stelle frei, die von einer Frau besetzt werden solle. Ich verheimliche, dass ich mich gerne in Abendkleider werfe und ausgiebigen Schminkorgien hingebe und finde mich mental schon mit dem Gedanken ab 5 Wochen in einem Zelt zu liegen und die Anatomie von Staubmilben zu studieren. Achja genau, wir wohnen nicht im Haus, sondern in einem eigens fuer uns errichtetem Zelt; voll ausgestattet mit Monitor und TV, einem Tisch und zu unserer grossen Ueberraschung einem Bett (Haha).Abgesehen davon kommt mir nach dem sumalischen Fluechtlingslager, dem jemand frecherweise einfach den Namen Hostel gegeben hat alles wie eine Oase der Glueckseligkeit vor. Wir beschließen das Angebot arbeiten zu koennen - selbst wenn es nur fuer einen waere - anzunehmen und die naechste Zeit im Riverland zu verbringen. So eine guenstige Gelegenheit bietet sich nicht so schnell wieder, zumal sich die Arbeitssituation fuer Backpacker in den letzten Jahren aufgrund der Zunahme ebendieser nicht vereinfacht hat.

15.02.13

Doch erstmal steht das Wochenende vor der Tuer (die Arbeit geht am darauffolgenden Montag schon los) und an diesem werde ich das erste mal das ausprobieren, womit hier jeder zweite, sofern er gesunde Gliedmaßen besitzt seineZeit vertreibt: Wassersport. Zu fuenft fahren wir mit dem Boot im Schlepptau zum Fluss und lassen es an geeigneter Stelle zu Wasser. Kurz darauf sind wir schon mit ca. 70 Sachen auf der etwas grau-gruenlichen Suppe unterwegs. Als erstes zeigt mir Harry wie man mit dem Wakeboard faehrt, indem ergeschmeidig aus dem Wasser startet und einige Kilometer gemuetlich hinter uns cruist. Sieht einfach aus, denk ich. Das wird so schwer nich sein. Ausserdem kommt mir die Geschwindigkeit etwas niedrig vor aber gut, ich sah auch nur zu. Nach Harry folgte Lachlann auf einem Wasserski (Ja, ich verwende bewusst den Singular, denn irgendwann scheint es den Menschen hier auf die Eier zu gehen mit 2 Wasserski zu fahren und deshalb auf einen umzusteigen) und Lydia danach wiederrum auf dem Wakeboard. Bei Ihrem ersten Besuch hatte Sie es schonmal ausprobiert und demenstprechend sicher kommt sie auf die Beine und schippert einige Zeit hinter uns her. Als ich wieder daran denke wie einfach das aussieht, sehe ich wie Sie moerderisch auf die Fresse fliegt und verstehe warum die Geschwindigkeit beim Wakeboarden angepasst wird. Meine Zuversicht erleidet einen winzigen Daempfer und ich frage mich,ob es schon mal jemand geschaff hat, sich mit so einem Brett den Schaedel zu spalten. Ich bin nun an der Reihe und nachdem ich mir erklaeren lassen habe auf was ich achten soll und am Ende feststelle, dass ich nur mit einem halben Ohr hingehoert habe, haenge ich wie ein Tropf am Seil und warte ungeduldig auf den Start. Mit einem kraeftigen Ruck wird man quasi aus dem Wasser gehoben und versucht das Gleichgewicht zu halten. Es klappt, ich bin oben und fahre. Tja, dacht ich mir doch, dass das nich so sch.. Fatsch, reissts mir die Beine weg und ich lieg wieder Fluss. Nach zwei weiteren Versuchen fahre ich doch noch ein paar Kilometer und werde in der Annahme besteatigt, dass Snowboarden eine gute Grundlage dafuer ist. Auf jeden Fall ist es ein Riesenspaß und sicherlich einer Wiederholung wuerdig. Zurueck in the Hood und etwas erschoepft aber gluecklich gibts noch ein fettes Abendbrot und die ueberraschende aber nicht weniger beleibte Neuigkeit, dass ich durch einen gluecklichen Umstand auch fuer 5 Wochen in der Firma arbeiten kann. Wenn das wirklich alles so laueft wir uns das vorstellen, kommen wir dem Wunsch uns eine Karre zu kaufen erheblich naeher.

18.02.13

Doch erstmal heißt es hingehen, die Arbeit und Leute kennenlernen, sichergehen, dass wir keine 3,50 $ pro Stunde bekommen und die Lage im allgemeinen zu checken.
Es stellt sich tatsaechlich als grandioser Gluecksumstand heraus, wenn man davon absieht, dass beide Taetigkeiten auch von einem lernbehinderten Schimpansen ausgefuehrt werden koennten. Doch dazu komme ich noch. Alles andere ist fantabuloes: Die Bezahlung ist ueberdurchschnittlich, es gibt erhebliche Wochenend- und Feiertagszuschlaege, die Arbeitszeiten sind human und sonderlich anstrengend im herkoemmlichen Sinne ist es auch nicht. Die Arbeit an sich sieht wie folgt aus:
Am Anfang werden die Tausenden von Beerenfelder mit großen Maschinen geerntet und auf Trucks geladen. Diese Trucks fahren mit Ihrer Ladung dann zur Winzerei und machen an der sogenannten "Testing Station" halt. Dort werden mit Hilfe von Maschinen 2 Koerbe voll Beeren aus den LKW`s entnommen, auf einem Tisch entleert (wenn man nur .."auf einem Tisch entleert" liest, klingt das komisch) und dort von Menschenhand gesammelt und in Becher gefuellt. An dieser Station arbeitet Lydia. Nachdem in einer Tag- und Nachtschicht genug Proben gesammelt wurden, werden Sie in ein gegenueberliegendes Haus gebracht, wo Ich sie dann zusammen mit einer Kollegin auf dieFarbqualitaet und den Zuckergehalt teste. Dazu wird der ganze Mist in einem Mixer zu Brei verarbeitet und anschließend in einer Maschine automatisch getestet. Was sich hier extrem eintoenig anhoert ist in Wirklichkeit noch viel eintoeniger. Die Faehigkeit sein komplettes Hirn morgens einfach im Bett liegen zu lassen, sollte in der Stellenausschreibung als Grundvoraussetzung angefuehrt werden.

24.02.13

Doch die erste Woche vergeht recht schnell und wir schauen uns immer wieder im Internet Autos an. Das lass ich hier jetzt aber aus und verweise stattdessen auf den naechsten roten Punkt rechts neben diesem.