Wir sind soeben im schmucken Städtchen Chiang Mai angekommen. Hinter uns liegen über 40 Stunden Fahrzeit!
Zum ersten Mal haben wir weder Transport noch Unterkunft vor der Abreise gebucht! Und alles ging einfacher und schneller als erwartet:
Von Brinchang (Malaysia) fährt ein Bus nach Butterworth (Malaysia), 4 Stunden in einem europäisch-luxuriösem Reisebus.
Von Butterworth sind wir mit dem Nachtzug nach Bangkok gefahren. Eine tolle Erfahrung! Zum Schlafen baut der Zugbegleiter die Sitze in Doppelbetten um, mit frischen Laken und großen Kissen! Wir sind wirklich beeindruckt von dem hohen Standard malaiischer Verkehrsmittel, besser als Australien. Nach Grenzkontrolle und 23 Stunden Fahrt haben wir dann die bislang dreckigste Stadt der Reise erreicht, Bangkok. Keinen halben Meter von den Gleisen entfernt haben sich die armen Leute ihre Holz-/Blechhütten hingebaut. So wie die Menschen dort leben, stelle ich mir die brasilianischen Slums vor. So hart sich das anhört:
Jetzt weiß ich, warum mein Reiseziel Australien war und nicht Afrika. Es gibt Momente wie diesen, in dem ich mich schuldig fühle, nicht in ein afrikanisches Hilfsprojekt gegangen zu sein. Aber ich glaube, nicht jeder Mensch kann sowas! Ich bin echt kaputt gegangen, in der Stunde, die wir durch Bangkok gefahren sind. Ich hoffe, es denkt auch nicht nur einer von euch, ich würde übertreiben. Es gibt bestimmt Menschen, die Bangkok von einer besseren Seite kennenlernen oder die Slums übersehen wollen. Für mich ist das bloße Betrachten von Menschen in Armut, eine Sache, die mich verletzbar macht. Es macht mich unsicher und träge, Leute zu sehen, die ihre Wäsche in demselben Fluss waschen, den sie als Toilette benutzen.
Es ist nicht so, als würde mich diese Erfahrung tagelang beschäftigen. Dafür waren wir zu kurz in der Stadt und ich habe keine Beziehung zu den Leuten aufgebaut. Aber seit Bangkok weiß ich, dass jeder, der längere Zeit sozial in einem der Slums der Welt beschäftigt war, verändert wieder nach Hause kommt. Ich gebe ehrlich zu, dass ich Angst vor einer solchen -sicherlich auch charakterlichen- Veränderung hatte und deswegen Afrika vermieden habe und ich schäme mich dafür. Doch jetzt bin ich mir sicher, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe, denn dauerhaft extreme Armut zu sehen, hätte mich wortwörtlich krank gemacht.
Anscheinend beschäftigt mich die Erfahrung Bangkok doch mehr als ich dachte. Schließlich hatte ich ursprünglich vor, in diesem Artikel über den Nachtzug zu schreiben. Stattdessen hat mir dieser Artikel geholfen, Bangkok zu verarbeiten. Nehmt mir das bitte nicht übel.
Von Bangkok aus haben wir den Nachtzug nach Chiang Mai genommen, 15 Stunden Fahrzeit.