Wenns vorbei ist, ists vorbei

09.February 2012 - Launceston


Gerade sitze ich am Flughafen in Launceston. In der Toilette, denn hier gibt es eine Steckdose. Meine Akkus sind verständlicherweise alle leer, Internetempfang hatte ich die letzte Zeit auch kaum. Kein Wunder, wenn man neun Tage lang durch die Pampa fährt.

Die letzten zwei Tage waren nochmal ganz gut. Wir haben Martin in Launceston abgesetzt und sind dann nach Hobart gefahren. Zwischendurch haben wir eine Pause gemacht, denn Carina war viel zu müde. Verständlich, nach ganzen zwei Stunden Schlaf in der vorherigen Nacht. Nach einem zehnminütigen Schläfchen habe ich sie mit einem Energydrink, einem Fitnessprogramm, das sie nur halb mitgemacht hat, und einem Schokoriegel geweckt, dann konnte es weitergehen. Nach vier Stunden kamen wir so in Hobart an, es regnete mittlerweile ziemlich heftig. Wir liefen trotzdem ein bisschen dort rum, aßen Pizza und übernachteten schließlich einfach mitten in der Stadt auf einem Parkplatz. Hat sich keiner beschwert. Am nächsten Morgen fuhren wir bei Sonnenschein zu einem Aussichtspunkt und über Umwege an der Pirates Bay, dem Blowhole, der Devils Kitchen und dem Tasman Arch nach Port Arthur.
Port Arthur liegt sehr idyllisch an einer Bucht und ist eine sehr berühmte ehemalige Stäflingskolonie. Durch die Lage auf der Halbinsel diente es als perfektes Naturgefängnis. In der, man kann fast schon sagen, "Stadt", stehen noch viele gut erhaltene Cottages (z.B. vom Commandanten oder vom Arzt), dessen Ausstattung noch erhalten ist. Wenn man diese Häser betritt, fühlt man sich also wie in der Zeit zurückversetzt.
Die meisten Gebäude, vor allem die Militärbarracken, das Gefängnis usw. liegen aber in Ruinen. Das liegt an den beiden Buschfeuern, die hier vor nicht allzu langer Zeit wüteten. Ich musste zwischendurch etwas schmunzeln, denn die zweihundert Jahre alten Gebäude sind in keinem besseren Zustand als das über zweitausend Jahre alte Ostia Antica in der Nähe von Rom.
Neben zwei Kirchen gab es auch das "Silent Prison". In diesem Gefängnis wurden die besonders "schlimmen" Convicts in Einzelhaft gehalten.23 Stunden am Tag waren sie in ihrer Zelle, eine Stunde durften sie raus, um Sport zu machen. Alles geschah alleine, sogar die Gefängniswärter waren stumm für sie und unterhielten sich untereinander in Zeichensprache. Es war nicht erlaubt zu reden o.ä. Die Arbeiten, die sie verrichten mussten, waren ebenfalls eher ruhiger Natur, wie z.B. Buchbinden oder Körbe flechten. Wenn die Gefangenen den Gang entlang laufen mussten, mussten sie eine Art Maske über das Gesicht klappen.
Als besondere Strafe gab es eine kleine, dunkle Zelle, in der manche einen Monat ohne Pause verbrachten. Man stelle sich einen 4 Quadratmeter großen Raum vor, in dem es stockduster ist. Viele wurden dabei verrückt.
Ein neunjähriger Junge, der dort drin vor sich hinsang, bekam als Strafe dafür eine weitere Woche in der Zelle. Man kann sich also vorstellen, dass man dort drin verrückt werden muss.
Alleine schon die Einzelhaft... Wenn man sich dann vorstellt, dass solche Gefängnisse heute noch gebaut werden und in Gebrauch sind (Guantanamo z.B.), wird einem ganz anders. Auch wenn das Verbrecher sind, kann es doch nicht das Ziel sein, diese Menschen zu brechen. Seltsame Methode.

Später fuhren wir fast bis nach Launceston durch und suchten eine ganze Weile nach einem geeigneten Platz zum Schlafen mit einer Toilette. Schließlich übernachteten wir in Evandale, 7 km vom Flughafen entfernt.

Nun sitzte ich hier also und langweile mich mal wieder.

In sechs Tagen geht es nach Hause. Ich habe sehr gemischte Gefühle dabei, denn eigentlich will ich noch gar nicht gehen. Ich würde so gerne die Westküste sehen. Andererseits freue ich mich natürlich auf Freunde, Familie und Kleinigkeiten, wie z.B. mein eigenes Zimmer und mein Bett, meine schönen Klamotten (endlich nicht mehr diese 5 ?-Shirts, die bald alle weggeschmissen werden), gutes Essen von Mama usw.
Wer noch einmal sagt, ein halbes Jahr ist eine lange Zeit, den muss ich leider als unzurechnungsfähig erklären.