Oktoberfest

17.September 2011 - Pretoria


"Uffpasse!" schallt es durchs Festzelt und Sekunden später spielt das Blasorchester den Ententanz. Oktoberfest in Südafrika. Überall sitzen Leute in Lederhosen, manche Frauen haben ihr Dirndl an, aber vor allem haben sie alle einen Bierkrug in der Hand. "Des is a Saidler." Aha, hier wird also auch mit Stolz gezapft und ausgeschänkt. Annika und ich müssen Hütchen verkaufen. Nette Filzhüte mit Federn dran. So mancher sieht danach aus wie Robyn Hood oder Rotkäppchen, aber alle freuen sich und einige sehen mit Hut sogar besser aus. So ein Robyn Hood hat auch was - zumindest bis er mit Bierkrug in der Hand über die Tanzfläche stolpert und versucht zu "Rosamunde, schenk mir dein Herz und sag Ja" mitzusingen.
Deutscher geht´s nicht. Bier, Lebkuchenherzen, Volksmusik in voller Lautstärke, Dirndl, Lederhosen und absolute Genauigkeit, denn ohne Helferpass darf auch nicht auf dem Helferparkplatz geparkt werden.
Während ich von der Sonne geblendet auf Parkplatzssuche nur nach rechts schaute, hat sich heimlich und hinterhältig ein Baum in meinen Weg gestellt. Das hat vielleicht gerummst. Ist aber gut ausgegangen. Nur die Stoßstange ist etwas verkratzt. Hab eben gute Qualität gekauft, obwohl es kein deutsches Auto ist. Außerdem soll es ja ein Gebrauchsgegenstand sein. Der Italiener wär wahrscheinlich nochmal dagegen gefahren, damit man auch wirklich was sieht.
Nach fünf Stunden Oktoberfest und Hütchenverkauf taten mir die Beine und die Ohren weh - und meine Kollegen taten mir leid, denn zum Teil mussten die noch zwei weitere Stunden durchhalten. So ist das, wenn man Lehrer an der Deutschen Schule ist - da iwrd man auch schnell zum Gastarbeiter bei deutschen Traditionsfesten.
Aber es hätte schlimmer kommen können. Annika und ich haben natürlich unsere Hütchen, die wir brav den ganzen Abend trugen, behalten und beschlossen, auch nächstes Jahr diesen ganzen Hokuspokus zusammen durchzustehen. Heute Abend schauen wir uns noch das Feuerwerk an und dann ist der Spuk vorbei. Ich hoffe nur, dass heute Abend nicht wieder der Strom ausfällt, denn gestern ließ sich deswegen das Garagentor nicht öffnen und ich stand vor verschlossener Tür. Herrlich. Kurz vor Mitternacht, alles stockduster, hundemüde, aber das eigene Haus wird zur Burg mit Wassergraben - man kommt einfach nicht rein. Stephi schlief schon und hatte ihr Handy im Wohnzimmer leigen lassen, so dass ich es während meiner sechs Anrufe hören konnte, sie aber leider nicht. Dafür konnte ich nala vor der Tür hören, die sich aber trotz Aufforderung weigerte,laut zu bellen. Nun ja, irgendwann war ich so genervt und müde, dass ich auch meine Angst vorm Dunkeln überwunden habe und mich von der Eingangstür weg wagte. Ich schlich mich zum Tor des Hintergartens und hatte Schwein, denn das war nicht richtig zu und ich konnte mich vorbei zwängen. Von da aus ging ich einmal zu der hinteren Veranda, denn ich war mir sicher, dass meine Verandatür nicht abgeschlossen war. Dabei musste ich erst Gestrüpp und dann kleine Felsen überwinden - hab ich schon gesagt, dass ich natürlich die Hackenschühchen anhatte? - und dann stand ich hinter unserem Haus, drückte die Türklinke meiner Verandatür nach unten und war drinnen. Ich bin also sozusagen in unser eigenes Haus eingebrochen. Unbemerkt. Nur Nala stand wedeln oben an der Treppe und erwartete mich. Nachher werde ich das Garentor mit Schloss verriegeln und ab heute darauf achten, dass ich meien Verandatür absperre. Stephi wird ihr Telefon mit ins Schlafzimmer nehem müssen und darf nie wieder den Schlüssel innen im Schloss der Eingangstür stecken lassen, denn so hätte ich mir die ganze Einbruchsaktion sparen können. Aber wieso einfach durch eine tür gehen, wenn man statt dessen was erleben kann? ...