Dr. Stefan Frank,

17.February 2012 - Middle of no where


... der Arzt, dem die Schafe vertrauen.
5200 Schafe hatten in den letzten drei Tagen gewissermassen einen Termin beim Frauenarzt, mit dem Ultraschallgeraet gucken ob sie schwanger sind. Soweit entspricht das den Tatsachen, nur der Dr. hiess Sam und ist kein Dr..
Und wo man die Schafe schonmal alle beisammen hatte, haben sie gleich noch oral eine Wurmkur verabreicht bekommen. Das war mein Job. Fliessband arbeit auf der Farm.
Der Schwangerschaftstest ist Teil des Farmmanagements, damit Will (so heisst der Boss hier) weiss, welchen seiner Ladies er noch ein Date mit einem der maennlichen Schafe organisieren muss, damit er hoffentlich ca. 150 Tage nach dem Date den Erfolg in Form von ganz vielen Laemmern begutachten kann. Viele Laemmer - viel Wolle oder viel Lammfleisch, je nach Schafrasse.
Die Wurmkur dient in erster Linie dazu, den Bestand gesund zu halten, aber das faellt natuerlich auch auf die Reproduktionsrate und damit den Profit des Betriebes zurueck.
Wobei ich mich frage, ob das mit der Wurmkur wirklich noetig ist. "Meine" Farm nebenan ist certified organic (zertifiziert oekologisch), was nebenbei ganz und gar nicht heisst, das die Leute da Birkenstocks tragende Gruenkernfrikadellenoekos waeren und da geht es ohne Wurmkur und die Schafe sind auch gesund. Ich hab noch kein Standardwerk ueber Schafzucht im Outback gelesen und mitnichten weiss ich alles, was es ueber Schafzucht zu lernen gibt, aber aus dem Bauch heraus wuerd ich ein paar Dinge anders machen, auch wenn's mit mehr Arbeit verbunden ist.
So wie mir die Grundlagen der Schafzucht von Marto beigebracht wurden, wuerd ich sagen, that's no good stockmanship, was Will in Teilen hier macht.
Vielleicht arbeitet so die junge Generation australischer Farmer, aber ich hab mir mal die Warnhinweise auf dem Wurmkurkanister durchgelesen, z. B. ist das Zeug extrem toedlich fuer Wasserlebewesen. Und sowas kriegen die Schafe in den Schlund gejagt? Also ich weiss ja nicht... Und was wenn der erste Bandwurm resistent ist?
Und ueberhaupt ist Wills Arbeitsweise teilweise ziemlich unorganisiert. Ich uebertreibe jetzt, aber die Richtung stimmt:
Frauenarzt Sam: Also ich waer dann soweit, meinetwegen koennen wir dann loslegen.
Will: Ja, aehm, wo sind denn die Schafe? Ich geh die ma eben holen.
Mehr Personal waere auch schoen gewesen und haette das Arbeiten leichter und schneller gemacht. Ich weiss nicht, ob Will zu knickig ist fuer drei Tage irgendeinen Hirnlosgorilla fuer $100 pro Tag anzustellen, der die Schafe durch Yards jagt oder ob er ueberhaupt gar kein Personal mehr findet, das fuer ihn arbeiten will. Wundern wuerd's mich nicht.
Ich drueck mich wirklich nicht um die Arbeit, auch wenn's dafuer nur $80/Tag (brutto) plus Unterkunft und Lebensmittel (Kiloweise Reis und Pasta) gibt, aber wenn ich morgens um 04:00 Uhr aufstehe, abends um 19:30 Uhr fertig hab und bin und dann gibt's vom Chef weder ein fertig gekochtes Abendessen, noch ein Bier, noch ein Dankeschoen, dann faellt's schon schwer am naechsten Morgen wieder in aller Herrgottsfruehe aufzustehen. Sam sagte ueber Will: As tight as a fishes ass. Da hat er recht.
Ich wuerd dieselbe Arbeit nebenan nur gegen Unterkunft und Essen machen und haett wahrscheinlich obendrein noch mehr Spass dabei. Nicht weil ich da nicht selbst kochen muesste und es abends ein oder zwei Bier gaebe, sondern weil es auch jeden Abend hiess "Thanks for your help!". Wertschaetzung drueckt sich eben nicht unbedingt in Dollars aus. Wieder was gelernt. Ich diesmal. Ich sollt's mir merken.
Na ja, Personalmangel hat Will versucht mit Hundeeinsatz auszugleichen. Im Grunde ist ein guter Schaeferhund wie eine Fernbedienung fuer Schafe, die es dem Schaefer ermoeglicht die Schafe zu bewegen, ohne sich selbst vom Fleck ruehren zu muessen.
Aber gleich acht aufeinmal? Da bellen sich die Viehcher doch mehr gegenseitig an als die Schafe und sind mehr damit beschaeftigt, die Rangordnung auszukaempfen als zu arbeiten. Und Will schreit dann rum wie ein Irrer, dessen Batterien in der Fernbedienung leer sind und der jetzt weder umschalten noch lauter oder leiser machen kann.
Weniger ist manchmal mehr und das Gegenteil von gut war gut gemeint.

Viele Gruesse!