ich werd indisch...

11.February 2009 - Raiganj


So jetzt ist schon wieder einige Zeit vergangen. Es geht alles so schnell. Ich bin jetzt schon über einen Monat in Indien!Als letztes hab ich, soweit ich mich noch erinnere geplant mit Puthumai und Chelsea einen 2 Tages-Trip zu machen. Dazu ist es leider nicht gekommen, weil ich Magenprobleme hatte. Ich bin brav im Bett geblieben und habe viel geschlafen. Hab mich ein bisschen geärgert, aber es war die richtige Entscheidung?So langsam wird hier schon alles normal. Die ganzen Sachen über die ich mich am Anfang gewundert oder geärgert hab, werden Alltag. Letzte Woche zum Beispiel hatte unser Auto einen Platten und wir mussten den Rest laufen. (es gibt verschiedene Fortbewegungsmittel, ein Auto, wie bei uns ist Car oder Vehicle, ein Auto hier ist ziemlich klappriges Ding ohne Türen, hinten sind 2 Bänke, auf die jeweils eigentlich 3 Personen passen und neben dem Fahrer können noch Leute sitzen. Normalerweise quetschen sich aber bis zu 20 Personen rein. Dann gibt?s noch die Rikschas. Hier in Raiganj gibt es nur Fahrradrikschas, das heißt du sitzt auf einer etwas erhöhten Bank und wirst von einem Fahrrad gezogen, in anderen Städten gibt?s Autorikschas, die haben 3 Räder, sind auch an den Seiten offen und es gibt nur eine Bank hinten (also so ähnlich wie die Autos in Raiganj und dann gibt?s noch Rikschas, die von Personen gezogen werden, aber die wurden, bis auf die in Kolkata, abgeschafft. ) Ist das einigermaßen verständlich?Dann versuch ich schon gar nicht mehr pünktlich zu sein, weil sowieso alles immer erst später anfängt als geplant, ich trage mittlerweile auch Socken in meinen Flip Flops (aber nicht auf der Straße). Das machen hier alle, Frauen, Männer Kinder. Es gibt extra Strümpfe, bei denen nur der große Zeh von dem restlichen Strumpf abgetrennt ist. Und mittlerweile versuch ich nicht mehr mich ins Auto reinzuquetschen, sondern stell mich hinten auf die Stoßstange, das ist wesentlich angenehmer. Letzte Woche hab ich versucht was Deutsches zu kochen. Pfannkuchen mit Apfelstückchen ? Das war das einzige, was mir eingefallen ist, wofür man nicht so viele Lebensmittel braucht. Ist auch ganz gut angekommen, war aber gar nicht so einfach, weil die Pfannen hier ganz anders sind. Wir haben auch vor, demnächst Pizza zu backen. Das einzige Problem, was wir noch haben ist, dass es keinen Ofen gibt. Mal schauen?Ich hab den Film Slumdog Millionaire hier gesehen, der müsste im Moment oder bald auch in deutschen Kinos laufen. Ich finde, man bekommt einen guten Eindruck von Indien, ziemlich authentisch. Es handelt hauptsächlich von einem Jungen, der mit seinem Bruder auf der Straße aufwächst, weil seine Mutter umkommt. Also ich kann es nur empfehlen den abzugucken. Am Samstagabend sind wir dann mit dem Zug nach Kolkata gefahren. Die Fahrt war mal wieder nicht so gut. Wir hatten eine niedrigere Klasse als sonst. und dort gab es keine decken. Deswegen war es ziemlich kühl. Am Sonntag haben Chelsea und ich dann eine Sightseeing Tour gemacht. Shubra, eine Frau die mit Puthumai zusammenarbeitet, die auch Jogi kennt, hat uns geführt. Wir waren erst im Mutterhaus. Das ist die Einrichtung, in der Mutter Teresa gelebt und gearbeitet hat, wo sie letztendlich gestorben und auch begraben ist. Da gab es eine Ausstellung zu ihrem Leben, was sie so alles gemacht und erreicht hat, wie sie gelebt hat und so. War ziemlich beeindruckend. Danach konnten wir auch noch kurz mit einer Schwester reden, weil unser Fahrer und sie aus dem Dorf kommen. Dann sind wir zu einer Kirche gefahren, weil man da kostenlos parken konnte. ? St. Pauls Kathedrale. Ziemlich groß und von dort sind wir zum Planetarium gelaufen. Wir haben uns eine Show angeguckt, bei der uns die verschiedenen Sternkonstellationen und Planeten erklärt wurden. Nur leider in Bengali? es war total dunkel da drin und ich bin ein bisschen eingeschlafen ? hatte ja im Zug kaum geschlafen. Dann ging?s endlich zum Viktoria Memorial. Das ist so schön, ein riesiges Gebäude mir Parkanlage außen rum. Es gab eine riesige Schlange an Leuten, die rein wollten, aber wir konnten direkt rein, weil wir weiß sind. Ich hab das Gefühl wir könnten uns hier deswegen so ziemlich alles erlauben, aber immerhin haben wir auch 15 mal so viel bezahlt, wie die indischen Touristen. Innen war es aber nicht so spektakulär, es gab viele Gemälde und alte Fotoaufnahmen und so ?nen Zeug. Wir haben uns dann lieber noch ein bisschen in den Garten gesetzt und verschnauft. Kolkata ist nochmal wesentlich heißer als Raiganj und die Luftverschmutzung ist so hoch. Es war so um die 33 Grad. Direkt neben dem VM ist eine Art politisches ?Meeting? gewesen. Tausende von Menschen waren da und haben irgendwelchen Reden gelauscht. Deswegen war an dem Tag auch ziemlich viel Verkehr. Als wir dann zurück zu unserem Auto wollten, war der Eingang mit Motorrädern zugestellt und abgeschlossen, wegen dieser Kundgebung. Also mussten wir einmal ganz rumlaufen, um zu einem anderen zu kommen. Nach dem Mittagessen waren wir dann erst mal shoppen. Shubra ist eine gnadenlose Feilscherin. Sie hat uns ziemlich gute Preise ausgehandelt ? Dann ging?s ins indische Museum, aber wir hatten leider nur eine gute halbe Stunde Zeit, weil es schon um halb 5 schließt. In Indien ist es üblich, durch Metalldetektoren zu laufen wenn man irgendwo reingeht. Sei es Museum, Freizeitpark oder Restaurant, aber irgendwie machen die nix, selbst wenn?s piepst, es kümmert sich niemand drum. Naja im Museum haben wir viele Gewürze und Heilpflanzen und alte Tiere und so gesehen, war ganz interessant. Dann sind wir zur Science City gefahren. Das ist so was Ähnliches wie ein Vergnügungspark, aber viel einfacher. Es gibt Essenstände und ein paar Fahrsachen, aber keine großen, das ist mehr was für kleine Kinder. Und es gibt so Ausstellungen, die einem z.B die Evolution zeigen, da sind dann so Dinos nachgestellt. Das war gruselig, so ähnlich wie eine Geisterbahn zum durchlaufen. Nach dem Marathon sind wir uns dann kurz frisch machen gegangen, wir haben dort geschlafen, wo ich auf meinem Weg nach Raiganj Schwester Jyothi getroffen habe: Seva Kendra, um uns dann wieder in der Stadt mit Jogi zum Abendessen zu treffen. Das Restaurant war super gut. Das Beste, was ich bis jetzt in Indien gesehen habe. Es war chinesisch und total lecker. Chelsea ist leider nicht mitgekommen, weil sie leichte Migräne bekommen hat. Der Tag war auch super anstrengend und dann noch das ganze gehupe und der Staub?Es war total schön Jogi wieder zu sehen und wir hatten einen tollen Abend (Puthumai, Shubra, Jogi und Ich) A zweiten Tag hat uns ein anderer Father mitgenommen: Father Susai. Erst mussten wir ein paar Dinge erledigen und dann haben wir uns die Howrah Bridge angeguckt. Die ist irgendwie nur aus Schrauben und Muttern zusammengesetzt und verändert ihre Position je nachdem wie viel Verkehr ist. Hört sich nicht gerade stabil an oder? Aber ich lebe noch? Zum Mittagessen sind wir wieder in das Chinesische Restaurant vom Vortag gegangen. Da gab?s Buffet, so lecker. Ich hab so viel gegessen, dass ich mich danach kaum noch bewegen konnte ? Father Susai musste später noch zu einem Meeting, also hat er uns zum New Market gebracht (der größte Markt in Kolkata) und hat uns dann alleine gelassen. Es war sehr angenehm mal gucken zu können ohne das jemand einem die ganze Zeit was aufschwatzen will. Klar gibt es noch die Verkäufer, die dir nachlaufen, aber Shubra hat am Tag vorher immer versucht uns so indischen Kitsch anzudrehen. Das war anstrengend. Beim New Market haben wir uns dann mit Regina und Johannes und ihren 2 Freunden getroffen, die sie morgens vom Flughafen abgeholt haben. Wir waren noch ein bisschen bummeln und haben dann ein Taxi zurück zu Seva Kendra genommen.Im Taxi ist uns dann aufgefallen, dass Puthumai eine SMS geschickt hat: There is Violence in the Street. Leave immediately! Wir waren schon ein bisschen aufgeregt, aber froh schon im Taxi zu sitzen. In Seva Kendra haben wir dann erfahren, dass ziemlich nah am New Market Autos in Brand gesteckt worden sind, wussten aber nicht warum. Um 6 mussten wir dann los, weil um halb 8 unser Zug fahren sollte. Eigentlich ist der Weg nicht so weit, aber bei dem indischen Verkehr weiß man nie. So kam es dann auch: Nach ca. 5 Minuten standen wir komplett im Stau. Die Autos in unsere Richtung hatten sogar die Spuren der Gegenfahrbahn blockiert, also totales Chaos. Nach ca. 40 Minuten waren wir endlich zu unserer Abfahrt gelangt um dann festzustellen, dass sie gesperrt ist. Also sind wir ausgestiegen und wollten die Strasser unterlaufen, bis dahin, wo wieder Verkehr fließt. Also haben Puthumai, Father Herman, Chelsea und ich unser gesamtes Gepäck geschnappt und sind losmarschiert. Es war mittlerweile so viertel vor 7 und ziemlich schwül. Wir sind gelaufen und gelaufen und haben dann irgendwann festgestellt, dass es auf der Straße auch irgendein Problem geben muss, weil die Autos alle Fahrerlos auf der Straße standen und alles verlassen war. Ein Stück weiter waren dann eine Menschenansammlung und ziemlich viele Polizisten. Da hab ich schon so langsam ein bisschen Herzrasen bekommen. Irgendjemand hat Puthumai angequatscht und mit dem sind wir dann durch die ganzen Nebengassen, nachdem uns die Polizei gesagt hat, wir sollen lieber nicht weitergehen. Ich hab mir erst mal mein Halstuch geschnappt und mich verhüllt, damit keiner direkt erkennt, dass ich weis bin, wodurch ich natürlich noch mehr geschwitzt hab. Es war inzwischen so spät, dass wir fast gerannt sind. Als wir dann endlich eine Kreuzung gefunden hatten, an der man wieder fahren kann, haben wir uns alle zusammen in eine Autorikscha gequetscht, samt Gepäck und sind zum Bahnhof gedüst. Der fremde Führer hat Puthumai erzählt, dass der Statesman (eine engl. Zeitung) einen kritischen Bericht über Muslime geschrieben hat und die nun protestieren) Total verschwitzt und abgehetzt sind wir dann aber noch rechtzeitig zu unserem Zug gekommen, der ganz schön leer war, weil viele es nicht geschafft haben