First Review

05.December 2011 - Newcastle Co. Down


5. Dezember 2011, Newcastle Co. Down, Nordirland, Großbritannien

Es ist stürmisch und der Regen prasselt ans Fenster. Die Tage sind sehr kurz hier zu dieser Jahreszeit. Auf den Straßen ist man schnell unterwegs. Doch die Menschen nehmen es gelassen, "Das ist hier immer so, man gewöhnt sich an den Regen!" Jemand, der auf der dir auf dem Fußweg entgegen kommt und mit dem du fast zusammengeprallt wärst, lächelt und sagte "Sorry!" und geht weiter. Der Mann beim Lidl (Der Lidl ist in ein historisch wirkendes Gebäude integriert) an der Kasse sagt nicht nur "Hey!", er fragt auch, wie es dir geht. In der Bank erfahre ich, dass es hier neben dem britischen Pfund Sterling auch das Nordirische Pfund gibt. In der Republik Irland dagegen nur Euro. Am Strand weht mir eine Mischung aus Sand, Salz und Wassertropfen entgegen...

Dem Berg entgegen gehe ich jeden Morgen durch den Park zum Shimna Integrated College. Die Schule wurde 1994 von den Eltern der ersten Schüler gebaut. Sie sieht von innen moderner aus als auf den Bildern im Internet. Viel Licht, Dank großer Fenster, viel Technik und feuerfeste Türen im ganzen Haus. Die momentan um die 500 Schüler sind zwischen 7 und 18 und werden neben den üblichen Fächern auch in Deutsch und Spanisch unterrichtet. Die meisten kommen aus protestantischen und katholischen Familien. Die Schule ist gebaut und geschaffen für alle Kinder, auch für die mit Behinderung (das meint "all-ability education"). Doch der Zusatz "Integrated" kommt vorrangig vom Bestreben um ein friedliches Zusammenleben der unterschiedlichen Konfessionen. Schuluniformen sind Pflicht. Wer sich nicht dran hält, wird ermahnt und muss die Krawatte neu binden. An zwei Tagen in der Woche geht es nach Downpatrick zum SERC (South Eastern Regional College), wo Schüler die Möglichkeit erhalten, praktische Erfahrungen in verschiedenen Berufen zu sammeln. Zur Seite stehen Profis aus den Bereichen Kochen, Frisieren, Klempnerei, Konstruktion und anderen. Kochen und Haare stylen auf Note, das Ergebnis wird mit nach Hause genommen stolz präsentiert...

Und was macht jetzt ein Student der Sozialen Arbeit aus Breitenbrunn / Groß Niendorf jetzt hier? Er passt auf, dass keiner auf der Strecke bleibt und guckt, wo der Schuh drückt? Naja, grob gesagt ja. In Klassen observieren bzw. supervisieren und Dinge sehen, die der Lehrer nicht sieht. Denn der muss ja unterrichten. Danach mit dem Lehrer reflektieren und wenn nötig intervenieren. Im Austausch mit den classroom assistants sollen so Dinge u.a. Dinge zur Sprache kommen, die vorher übersehen wurden. Dann gibt es da noch die Gruppen von Schülern, die individuelle Probleme haben, meistens kombiniert mit Leistungsdruck. Diese Schüler werden mit ihren Problemen nicht allein gelassen. Neben dem Counselling Department, dessen Tür offensteht für Fragen und Hilfe insbesondere in den Bereichen Mobbing, Sexualität, Gewalt etc., gibt es die sog. Xl-Gruppen. Diese Gruppen kommen dreimal pro Woche wie zu ganz normalen Unterrichtsstunden zusammen. Nur dass der ?Unterricht? z.B. darin besteht, Sozialverhalten und Selbstbewusstsein aufzubauen, den Unterschied zwischen konstruktiver und destruktiver Kritik zu verstehen und Lösungsstrategien zu erarbeiten. Dies geschieht in Form von Projekten. In dem jetzigen geht es darum, zu lernen, was dich persönlich wütend macht und wie du am besten damit umgehst. Nach Weihnachten beginnt das Projekt ?Chill-Out-Room?, der Name sagt?s ja eigentlich schon?
Eine knappe Stunde am Tag begleite ich einen Schüler mit Asperger-Syndrom. In dieser Zeit hat seine 24h-Betreuung Pause. Ich kontrolliere Deutsch-Hausaufgaben und erkläre ihm seine Fehler. Aber sein Hauptinteresse gilt meist etwas anderem, denn er liebt Mangas und verbringt jede freie Minute damit, jene asisatische Comic-Kunst zu studieren...

Nun, das Ganze hier liest sich wohl eher wie ein Reflexionsbericht, als ein Blogeintrag, aber ich bin ja auch zum Arbeiten hergekommen und nicht zum Urlaub machen.
Die Gastfreundschaft der Nordiren ist im Übrigen nicht zu verachten. An ein "Full Irish Breakfast" habe ich mich zwar noch heran nicht gewagt (manche essen nicht mal zu Mittag so viel), doch es sind ja noch ein paar Wochen Zeit. Das erste Guinness in der Anchor Bar ist getrunken und der Berg zumindest gefühlt bis zur Hälfte erklommen. Nächstes Wochenende kommen dann hoffentlich die Fotos vom Gipfel, den seit heute eine dünne Schneedecke ziert.
In diesem Sinne:
Enjoy yourselves and take care my friends!