Delhi, wir kommen!

15.January 2010 - Delhi


by Jana:
Plötzlich und relativ spontan gings los nach Delhi, nachdem wir einen Tag vorher schnell noch die Tickets klar gemacht hatten. 27 Stunden Zugfahrt sind hier ja ein Pappenstiel und außerdem gemütlich, weil man eine Liege hat und sehr bequem reisen kann.
So gings halt los, bei relativer Hitze tagsüber und eisiger Kälte nachts, je weiter wir nach Norden kamen. Wir hatten ja gehört, dass es in Delhi kalt ist und friert. So kamen wir am späten Vormittag in Delhi an und fuhren direkt zur Wohnung von Christian, unserem immer hilfsbereiten Gastgeber. Der war aber noch auf Arbeit, so dass uns Maria, eine Mitbewohnerin von Christian, reinliess. Dann gings ab zum Sarojini Market, wo wir uns mit Christian trafen. Was soll man da noch sagen, der Market ist riesig und es gibt so ziemlich alles was man sich vorstellen kann. Da haben wir uns erstmal mit zwei Schlafsäcken ausgestattet, weil unsere mitgebrachten dünnen Decken der nordindischen Kälte nicht gewachsen waren. Diese Schlafsäcke haben uns sehr gute Dienste geleistet, vor allem während späterer Zugfahrten.
Der erste Abend klang dann gemütlich beim Quatschen in Christians Wohnung aus wo wir darauf warteten, dass es spät genug war (oder zeitig genug, wie mans nimmt), zum Flughafen zu fahren, um Christians Mutter und Schwester abzuholen, die ebenfalls für einen Kurzurlaub nach Delhi gekommen sind.
Alle zusammen sind wir am nächsten Tag (ein Sonntag, daher musste Christian nicht arbeiten) wieder auf die Markets gegangen, shoppen (Sarojini und Central Market). Tina und ich brauchten ja einige Sachen fuer die Hochzeit (Schuhe, Handtasche, passenden Schal zum Sari, Schmuck, für Tina noch ne neue Bluse zum Sari), weil der Schneider in Hyderabad gepfuscht hat). Findet sich alles aufm Sarojini Market für wenig Geld, es gibt nichts was es nicht gibt.
Abends sind wir in ein tibetisches Restaurant essen gegangen, das war kulinarisch sehr interessant und sogar der Tina zu scharf. Dabei waren noch Sarah, eine Dänin die in Indien ein Freiwilliges Soziales Jahr macht und Remko, ein Holländer, der hier Fahrradtouren durch Old Delhi führt. Remko sollten wir am Mittwoch noch genau bei solch einer Tour treffen.
Anschließend sind wir noch in ein fantastisches, wenn auch für indische Verhältnisse recht teures, Cafe gegangen, das Mocha. Dort gibt es herrliche Eisshakes mit Snickers- oder Toblerone-Geschmack, leckere Eissorten und Schokodesserts und auch sicherlich herzhafte Sachen, die wir aber nicht probiert haben. Wir begnügten uns mit Desserts.
Am Montag musste Christian wieder arbeiten, sodass wir vier Frauen uns allein auf den Weg gemacht und zwei Tempel erkundet und dann die Stadt unsicher gemacht haben. Zunächst waren wir im Lotus Tempel, ein Wunder der Architektur und unbedingt sehenswert. Der Tempel ist, wie der Name schon sagt, gebaut in der Form einer Lotusblüte, komplett symmetrisch und wunderschön anzusehen. Schade nur, dass man angehalten ist, drinnen absolut zu schweigen, die Akkustik ist grandios. Von dort gings dann weiter zum Iscon Tempel, den wir vom Lotustempel aus der Ferne schon sehen konnten. Dies ist ein Hindu-Tempel, der riesengroß und verwinkelt ist, dass man sich drinnen verliert. Die Wandmalereien waren recht interessant und die Rufe der Gläubigen "Hare Krishna...irgendwas" zusammen mit dem Duft der Räucherstäbchen waren sehr exotisch. Seltsam, dass einer der Gläubigen während er im Tempel die Arme hochwarf und dem Vorrufer folgte, sein Handy am Ohr hatte. Tja, den Clash der Kulturen hält auch hier niemand auf.
Von diesem Tempel gings weiter zum India Gate, das man aufgrund des Nebels nur ziemlich blass erkennen konnte. Wir befolgten Christians Rat, von dort zum Connaught Place zu laufen, nur um diesen Entschluss nach einer Weile langsam zu bereuen. Es war ganz schön weit und wir wurden über lange Strecken von nervigen Verkäufern verfolgt, die uns Schmuck, "Kopfkratzer" (Tinas Wortschöpfung), Landkarten und anderes Zeugs andrehen wollten. Und der Weg wurde immer länger.... Schließlich entschieden wir uns, eine Station mit der Metro zu fahren, dann wären wir gleich da.
Aber auch U-Bahnfahren in Delhi ist ein Abenteuer. Wir kauften unser Ticket und bekamen einen elektronischen Chip wie man ihn häufig in Schwimmbädern findet. Damit konnten wir eine Station fahren. Also ab durch die Drehschranke, vorbei an der Personen- und Taschenkontrolle (diese diesmal automatisch mit m Gerät wie am Flughafen). Das wirkt alles befremdlich, wenn man neu in Indien ist (also für Frau Müller und Susann), aber Tina und ich waren kaum noch erstaunt darüber. Da standen wir dann aber am Bahnsteig und warteten. Und warteten. Gegenüber fuhren schon zwei Bahnen ab. So langsam füllte sich auch unser Bahnsteig und als endlich der Zug einfuhr, war es richtig eng auf m Bahnsteig. Das war aber nichts gegen den Zug! Der war so voll, dass ich erstaunt war, dass überhaupt Leute ein und aussteigen konnten. Wir jedenfalls beschlossen, sicherheitshalber auf den zweiten Zug zu warten. Als der dann endlich kam staunten wir nicht schlecht:
Der Zug war sogar noch voller als der erste! Die haben die Leute nicht mal mehr raus gelassen, geschweige denn rein. So entschieden wir uns, die Strecke eben doch zu Fuß zu gehen (wir wären eh längst da, wenn wir gelaufen wären). Aber da gab es ein neues Problem: die Drehschranke wollte unsere Coins nicht annehmen, sodass wir nicht mal mehr raus konnten. Vermutlich gab es einen Fehler im System, weil wir uns nicht vorwärts bewegt hatten und immer noch an der gleichen Station rauswollten, wo wir reingegangen sind. Das ist schon sehr verdächtig. Letztendlich hat uns ein Mitarbeiter rausgelassen, nachdem er unsere Coins eingesammelt hat. So, nichts mit Metro fahren, aber die sind ja eh überall auf der Welt ähnlich oder gleich. Wobei, die Berliner U-Bahn ist sicher nicht so sauber wie die in Delhi.
Hier noch ne Anmerkung für Interessierte: die U-Bahn in Delhi ist noch neu und wurde erst vor drei Jahren fertig gestellt. Das Interessante daran ist, dass der Bau sogar früher als vorgesehen beendet wurde und - sogar noch ungewöhnlicher - innerhalb der vorgesehenen finanziellen Mittel.

Am Connaught Place angekommen, wollten wir erstmal was essen, doch irgendwie fanden wir nichts rechtes für unseren Geschmack und Geldbeutel. Letztendlich sind wir ohne große Begeisterung beim großen M gelandet. Connaught Place ist so ziemlich das touristische Zentrum von Delhi, nur dass wir dem ganzen überhaupt nichts abgewinnen konnten. Der Platz ist riesig und erstreckt sich in zwei Kreisen, zwischen denen man sich leicht verirren kann. Die Bazare und anderen Geschäfte sind in Segmente eingeteilt und trotz Karte und Hinweisschildern war es schwierig, sich zurechtzufinden.
Später am Abend sind Tina und ich noch ins Kino gefahren. Christian hatte uns eine Mall in der Nähe empfohlen, die so riesig ist, dass sie gleich zwei Kinos beherbergt. Wir hatten auch nur wenig Hoffnung, für Avatar Karten zu bekommen, weil sich das kurzfristig in Indien bisher als unmöglich erwiesen hat. Egal, wann und wo wir ins Kino gehen wollten, man müsste schon mehrere Tage im Voraus buchen. Aber diesmal hatten wir Glück: um halb 12 kam der Film nochmal. So hatten wir sogar noch bissel Zeit, in der Mall herumzulaufen. In einem fantastischen Cafe und Restaurant haben wir noch Kuchen gegessen (traumhaft: Banoffee Pie and Applecrumble) und im Hardrock Cafe noch einen Cocktail getrunken. Dann ging der Film los, ewig lange, aber sehr schön. Unser Problem war, dass wir nicht wussten wie wir zurück kommen sollten. Ich hab in der kurzen Pause versucht, ein Taxi zu bestellen, aber es standen angeblich keine zur Verfügung. Und mitten in der Nacht gibt es nun mal auch keine Autorikshas. Wie solten wir nun nach Hause kommen? Alle hatten uns gewarnt, dass Delhi gefährlich ist und wir nachts nicht allein unterwegs sein sollten. Zum Glück halfen uns unsere beiden Sitznachbarn, zwei Geschwister aus Faridabad (eine Stunde südlich von Delhi, da wo auch die Hochzeit stattfinden würde), die uns in ihrem Auto nach Hause fuhren, weil wir eh fast auf ihrem Weg lagen. Glück gehabt. Aber so ist das in Indien häufig. Ich bin viel gelassener geworden und mach mir um weniger Dinge Sorgen, weil sich irgendwie doch immer auch kurzfristig eine Lösung für alle möglichen Probleme anbietet.