Bye bye...

26.May 2010 - Mildura


Nachdem unser Spargeljob aufgrund der niedrigen Temperaturen sehr ploetzlich zu Ende ging, hatten wir alle unglaublich viel Zeit. Und so kam es, dass sich eines schoenen Dienstag Vormittags, waehrend meines spaeten Fruehstuecks, Fifi zu mir an den Tisch gesellte und wir anfingen uns Fragen ueber den Sinn des Lebens zu stellen. Nach und nach wurde der Esstisch immer voller und irgendwann sassen fast alle Bewohner unseres Hauses zusammen und philosophierten ueber Dinge, wie welches Tier man gerne waere, wenn man ein Tier sein koennte- wie gesagt wir hatten zu viel Zeit (die Antworten und Begruendungen waren jedoch sehr lustig, das Wunschtierreich erstreckte irgendwann vom Affen ueber die Kuh (!) bis hin zum Delphin) . Durch Franzoesin Maryse und ihre Frage 'How do you feel deeply?" wurde unsere Unterhaltung etwas psychologisch, jedoch sehr interessant. Denn daraufhin befragten wir jeden nacheinander nach seinem Gefuehlszustand und kamen dadurch auch auf Dinge zu sprechen, die derjenige in der Vergangenheit bzw in seinem Heimatland erfahren hat. Dinge, ueber die man ansonsten nicht unbedingt mit anderen Backpackern redet. Danach war ich sehr erstaunt, teilweise schockiert, doch auch froh ueber mein vergleichsweise 'normales' Leben. Im Laufe des Gespraechs tauchten ploetzlich alkoholhaltige Getraenke auf unserem Tisch auf, Larry brachte uns irgendwann Musik, Andy Pizza vorbei und so sassen wir abends um 10 immer noch am gleichen Tisch, fuehrten Diskussionen, fingen an zusammen zu singen, machten ein kleines Fotoshooting mit der Webcam eines Laptops und funktionierten irgendwann das Wohnzimmer in eine Tanzflaeche um. Aus einem Tag, der langweilig angefangen hatte, ist ganz spontan ein langer Tag geworden, der einerseits sehr ernst, andererseits aber auch sehr spassig war und den ich so schnell nicht vergessen werde.
An den Wochenenden wurde es zur Tradition bei Einbruch der Dunkelheit langsam mit dem Goontrinken anzufangen, um dann spaeter zusammen Richtung Stadt und O'Malleys zu steuern und dort ordentlich zu feiern. Dementsprechend ruhig verbrachten wir die Sonntage mit ausgeliehenen DVD's auf der Couch, oder je nach Gemuetslage auch mal komplett im Bett...
Die Jobs wurden weniger, die Langeweile langsam mehr, es wurde von Nacht zu Nacht kaelter und so entschlossen Esther und ich uns schweren Herzens dazu Mildura zu verlassen und in waermere Gefilde zu ziehen. Vorher konnte ich mich schonmal auf das Abschiednehmen vorbereiten, indem ich mit zum Bahnhof fuhr, als Maryse Mildura Richtung Melbourne verliess und Teresa und Elena aus dem anderen Haus, zwei Tage spaeter ebenfalls weiterreisten. Es dauerte dann doch noch ein bisschen, bis wir es ueber uns bringen konnten einen Bus nach Melbourne und einen Flug von dort aus nach Cairns zu buchen, doch nachdem wir es vollbracht hatten lief der Countdown von nur noch 3 Tagen....Da ich am vorausgegangenen Wochenende feiern war und dabei richtig viel Spass hatte, dachte ich, behalte ich dieses in guter Erinnerung und bleibe am letzten Wochenende zu Hause. Allerdings hatte ich diesen Plan ohne meine Mitbewohnerinnen Henna, die wie wir dienstags abreisen wollte, und Deedee gemacht ("U better come out, it's our last night out together') und so zog ich mich Freitagabend in letzter Sekunde um und fuhr mit. Es sollte dann auch nicht die letzte Nacht zusammen sein, denn der naechste Abend verlief aehnlich, doch ich habe es nicht bereut, es waren nocheinmal zwei unvergessliche, lustige O'Malleys Naechte. Sonntag und Montag fing ich langsam an Vorbereitungen fuer die Abreise zu treffen und mich seelisch und moralisch darauf einzustellen, dass ich nur noch bis Dienstagabend in Mildura sein wuerde. Ich war sehr froh, als Larry Dienstag Vormittag anrief und vorschlug ein BBQ mit allen am Fluss zu organisieren, denn das hiess etwas Ablenkung und vor allem war es eine gute Gelegenheit noch ein letztes Mal etwas zusammen mit allen anderen zu machen. Also wurden nachmittags alle in den Van geladen und auf gings zum Fluss. Entschieden was wir dort machen wuerden, wurde natuerlich erst als wir da waren, sodass wir mit einer kleineren Gruppe den halben Weg wieder zurueck zum Supermarkt fahren konnten. Dort mussten nun natuerlich auch alle moeglichen Grillutensilien gekauft werden (ein Hoch auf Larrys gute Organisation), die noch von zu Hause zu holen sich Larrys Meinung nach nicht gelohnt haette. Er war sowieso total in Kaufstimmung und so gingen wir nicht nur mit Grillfleisch und Beilagen aus dem Laden, sondern auch mit Partyhueten, einem Ballspiel, Troeten und so einigen anderen Dingen, die die Welt eigentlich nicht braucht,aber es sollte schliesslich eine Abschiedsparty werden...Zwei Stunden und einige halbverhungerte Backpacker spaeter konnte das sehr ueppige BBQ endlich beginnen, natuerlich nicht bevor auch jeder ein Huetchen aufgesetzt hatte. Nach dem Essen schaffte Larry es, einige zu einem etwas schmerzhaften Ballspiel zu motivieren, sodass irgendwann ca 15 junge Erwachsene mit bunten Glitzerhueten, manche gar mit Troeten im Mund, wie kleine Kinder ueber die Wiese huepften um einem umherfliegenden Basketball auszuweichen. Als das nicht enden wollende Spiel irgendwann dann doch ein Ende hatte und die Daemmerung langsam einsetzte machten wir uns auf den Nachhauseweg, schliesslich hatten wir spaeter abends noch einen Bus zu kriegen. Nachdem ich den ersten, aber schon schweren Abschied der Bewohner des anderen Hauses hinter mir hatte, packte ich noch schnell meine restlichen Sachen zusammen und machte ein paar letzte Fotos. Und wieder schaffte es Larry mich vom bevorstehenden Abschied abzulenken, naemlich indem er mal wieder auf sich warten liess und mich damit von Minute zu Minute nervoeser machte. Zuverlaessigkeit oder Puenktlickeit sind wirklich nicht seine Staerken und ich wusste der Bus, geschweige denn das Flugzeug am naechsten Tag, wuerden nicht auf uns warten. Doch 20 Minuten vor Abfahrt, 25 Minuten nachdem wir eigentlich losfahren wollten, war er da und wie immer voellig entspannt. Unerwarteterweise war der Van auf der Fahrt zum Bahnhof fast voll, sodass wir insgesamt mit zehn Leuten dort aufliefen, von denen ich mich nun letzendlich wirklich und auf unbestimmte Zeit verabschieden musste. Es fiel mir wirklich sehr schwer, doch ich war froh, dass ich zunaechst nicht ganz alleine ging, denn ich bin mir nicht sicher, ob ich dann ueberhaupt im Bus sitzen geblieben waere.
Sechs Monate, wenn auch mit Unterbrechungen, sind doch eine lange Zeit und es war eine wirklich gute, lustige, aufregende, manchmal nervenaufreibende, anstrengende oder sterbenslangweilige aber meistens doch trotzdem irgendwie sehr schoene Zeit, die ich auf keinen Fall missen moechte. Ich habe wahrenddessen einerseits einige Freaks, sowie komische, verpeilte oder unfreundliche Menschen, andererseits aber auch supernette, lustige und liebenswerte Menschen, mit denen ich viel Spass hatte, aber auch ernste Unterhaltungen fuehren konnte, getroffen. All das hat Mildura fuer mich zu einem Zuhause gemacht und ich werde bestimmte Menschen, sowie die Dinge die ich dort erlebt habe nie vergessen!