Zwischenstation

14.February 2012 - Queenstown



Zum Glück sind wir Familie, da lässt sich so was mal aushalten. Denn so schlimm war die Nacht zum Glück nicht, Raphael focht einmal keinen Kampf gegen einen übermächtigen Gegner. Und ich hatte zum ersten Mal absolut überhaupt nicht kalt im Zelt. Auch ein Vorteil. Wenn man dann nachts mal wach wurde, konnte man dem melodischen Krächzen des Kiwis lauschen, bis man wieder in den sanften Dämmerzustand zurückfiel. Doch wir mussten ja sowieso früh aufstehen, der Bus, der uns abholen würde, kam um 10.00. Schnell alles eingepackt (mein Zelt war lustigerweise in der Nacht getrocknet), Frühstück ließen wir weg und ab gehts. Wir gingen zwar von aus, den restlichen Weg in deutlich weniger als den angegebenen 2,5 h gehen zu können, doch auf dieser kurzen Strecke muss man wirklich nichts riskieren. Einfach nur schnell den Weg hinter uns bringen, verkürzt durch sehr interessante und anregende Gespräche unter Cousins, wie eigentlich immer bei den Wanderungen. So beeilten wir uns richtig und waren bereits nach 1 h 20 min am Ziel, das Ende des Weges war in Sicht, passenderweise trennte uns nur noch eine einzige Brücke von dem Ende des Tracks.

Es war geschafft! Innerhalb von einer Woche, sieben Tagen Wandern mit nur einem Tag Pause, bis zu 25 kg auf dem Rücken, 100 km Strecke und weit über 3000 Höhenmeter zurückgelegt. Dabei an dem einen Tag Pause so viel Nahrung zu uns genommen, wie an den anderen vier zusammen, insgesamt über 10Gb an Bilder und Filmen gemacht und so scheinbar das halbe Fjordland verewigt.
Eine anstrengende, eine produktive, eine super geile Woche!

Doch jetzt wollten wir schnellstens nach Queenstown, wo wir uns zwei Tage Pause gönnen wollten, bis wir mit einem Mietwagen die Catlins, den Südosten der Südinsel erkunden wollten. Der Weg dahin teilte sich in zwei Streckenabschnitte, Nr. 1 legten wir ganz einfach mit dem Bus zurück, der uns bis zum ersten Ort nach dem Track brachte, Glenorchy, von wo wir weiter mit dem Daumen reisen wollten (das spart Geld und Raphael ist der totale Fan geworden). Und beides klappte wie am Schürchen, der Bus war pünktlich und wir wurden sehr zeitnah von zwei Israelis mitgenommen, die wir schon auf dem Track gesehen hatten. Die Fahrt mit den beiden, Vater und Sohn, war sehr interessant, ich hatte noch nicht so oft das Vergnügen, mich mit Israelis zu unterhalten. Es gibt immer Fettnäpfchen, die es zu umschiffen gibt, wenn Deutsche sich mit Israelis oder Juden unterhalten. Manche umgingen wir sehr geschickt, andere erwischten wir mit voller Wucht. Doch die beiden waren super nett und ließen sich nichts anmerken. Die ganze Zeit lief nur israelische Musik, die definitiv nicht das Einzige ist, was ihre Kultur von der unseren abhebt. Nach den Gesprächen war ich sehr fasziniert von dem Nahen Osten und Israel im Speziellen. Auch diese Länder sind es definitiv wert, besucht und vor allem kennengelernt zu werden, es gibt da so viel zu entdecken.

Die beiden ließen uns dann in Queenstown raus, von wo aus wir unser (diesmal gemeinsames) Hostel suchten. Von Rosi empfohlen residierten wir dieses Mal im Last Resort. Das Last Resort ist sehr zentral gelegen und trotzdem ein winziges Hostel, das insgesamt nur 18 Betten zählt. Die Besitzerin ist sehr nett, genau wie der Hostelhusky Cocco (ihre einzigen Aktivitäten sind eigentlich das Im-Weg-Rumliegen und das Mit-dem-Feueralarm-Mitjaulen). Es gibt kostenloses Frühstück und W-Lan. Endlich ein (oder vielleicht auch das) schöne kleine Hostel in Queenstown gefunden. Und der Supermarkt ist auch gleich um die Ecke.

Raphael schwärmte mir auf dem Track ständig von Gemüsesuppe vor, also hieß es: Schnippeln. Unser Essen, mit dem wir wieder zu Kräften kommen wollten, war dieses Mal außerordentlich gesund. Die Suppe enthielt ganz viel Wasser, fünf Tomaten, fünf Möhren, einen Broccoli, eine Zwiebel und vier Kartoffeln. So entstand eine Suppe, die locker ausgereicht hätte, um eine fünf-köpfige Familie zwei Tage satt zu machen. Und wir hatten sie ganz für uns alleine. Naja fast, so viel kann kein Mensch alleine Essen, sodass noch Charlotte, ein Mädel aus dem Hostel,noch zuschlagen konnte. Ganz genau so, wie die Oma, immer so viel kochen, dass mindestens noch zwei Personen auftauchen können und trotzdem noch satt werden. Mit vollem Gluckerbauch gingen wir dann...

Tanzen. Natürlich gehen wir weg, wir sind in Queenstown, gemeinsam mit zwei Schwedinnen, die auch bei uns im Hostel residieren, schauen wir mal, was unter der Woche in Queenstown so los ist.

Nicht so viel, wie man dann sah, die meisten Bars oder Clubs schlossen zu Zeiten, zu denen man in der Heimat erst vor die Tür geht. Doch hier und da war die Tür noch nicht verrammelt und wir kamen noch voll auf unsere Kosten, dank den tausenden Flyern, mit denen man hier überall bombardiert wird. Ein guter Abend, der noch gerne hätte weitergehen können, doch Müdigkeit nahm bei allen Teilhabern leider Überhand.


Am nächsten Tag war der Himmel bewölkt, was vollkommen ausreichte, um nicht das geringste schlechte Gewissen aufkommen ließ, wenn wir im Hostel blieben und Emails ohne Ende verschickten. Wir beide hatten einiges zu regeln, wie es weitergeht, wenn wir heimkommen oder in Raphaels Fall sogar, wann er heimfährt und Studieren geht. Der Tag war also bei beiden sehr nötig und auch mehr oder weniger erfolgreich, doch man kann über ihn eigentlich rein gar nichts erzählen. Selbst das Essen, von dem wir beide immer mehr als reichlich haben, ist mir entfallen (An was ich mich noch erinnere ist, dass mir an jenem Abend aufgefallen ist, dass ich seit 10 Tagen kein Fleisch mehr gegessen habe. Normalerweise ein absolutes Ding der Unmöglichkeit, dazu mag ich Fleisch viel zu sehr, doch ich habe es auch so ganz gut überlebt.) Das wichtigste an jenem Tag war die Geschichte mit unserem Mietwagen.
Nach zahlreichen Überlegungen kamen wir auf dem Kepler Track zu dem Schluss, dass wir uns einen Mietwagen nehmen würden und noch ein paar Tage damit rumfahren würden, bis sich unsere Wege leider schon trennten, dann nämlich, wenn Raphael an der Westküste hoch in Richtung Christchurch fährt und ich in Queenstown bleiben werde. Also haben wir in Te Anau beinahe Stunden vor dem PC verbracht und Mietwagen verglichen (Neuseeländische Mietwagen über deutsche Vergleichsportale, solche Internetseiten scheint es nur bei uns zu geben), bis wir endlich einen gefunden hatte, den man unter 21 mieten konnte, der billig und trotzdem gut versichert war. Als Ergebnis hatten wir einen kleinen Jeep für 60 $ am Tag (inklusive allem) für vier Tage fest gebucht, also mit der Kreditkartennummer abgesichert, alles in trockene Tücher gebracht. Von wegen, Pustekuchen. Als wir zum ersten Mal seit der Buchung überhaupt die Möglichkeit hatten, unsere Mails zu checken (das war einen Tag vor Mietbeginn), fielen wir fast vom Stuhl, als wir eine Mail lasen, die besagte: ?Leider ist von dem besagten Fahrzeugtyp kein Fahrzeug mehr vorhanden?. Sie könnten uns einen Wagen für 30 $ mehr am Tag anbieten. Was für eine Frechheit, wir wollten nicht den teuren Wagen sondern den billigen, den wir schon fest gebucht hatten, eben weil er billig ist. Direkt mal böse Mail schreiben und fordern, dass sie uns ein Auto zu dem versprochenen Preis geben. Wir sind aus allen Wolken gefallen, die Planung für die nächsten Tage war im A... Für mich war das nicht so schlimm, ich hatte ja mehr Zeit, aber bei Raphael kam es auf jeden Tag an, er hatte keine Zeit zu verschwenden, dafür war seine Zeit in Aotearoa viel zu wertvoll. Was sollten wir denn jetzt machen...
Spaßeshalber schaute ich mal bei Transfercar rein, was grade für Autos angeboten wurden. Und konnte nicht mehr still sitzen, als ich sah, dass genau für die nächsten Tage nicht nur ein sonder drei Autos von Dunedin nach Queenstown relocated werden sollten. Wenn wir also nach Dunedin kommen würden, könnten wir genau unsere Strecke fahren und das, ohne Geld für die Miete zu zahlen. Sofort bewarb ich mich auf alle drei Autos und hoffte.

Während dem Kochen (mir ist wieder eingefallen, was es gab, wir machten einen Salat (aus einem ganzem Salatkopf), dazu ein Omlett und selbstgemachtes Brot. Eine echte deutsche Brotzeit!) schaute ich dann in meine Mails, ich wartete auf manche Antwortmails, doch die erste Mail, die mir ins Auge sprang, war betitelt mit ?Confirmation? (Bestätigung) und kam von Transfercar. Ich konnte es kaum glauben und sprang fast aus meinem Sessel, als ich las, dass ich den Zuschlag für einen Juicy Condo, das wohl luxuriöseste Backpackerauto, dass man sich mieten kann, für zwei Tage bekommen hatte. Welch ein gigantisches Glück, das war perfekt. Über beide Backen grinsend überbrachte ich Raphael die Nachricht. Er konnte es genauso wenig fassen, was das heißt. Die Luxuskarre unter den Mietautos für zwei Tage, ohne einen Pfennig zu bezahlen. Da schmeckte das ohnehin leckere Essen gleich doppelt so gut.

Das hieß jedoch, am nächsten Tag mussten wir nach Dunedin, um dort am Freitag das Auto abzuholen. Und der einfachste Weg dahin war natürlich zu trampen. Naja, nicht wirklich der Einfachste, aber eigentlich der Einzige, der für uns in Frage kam. Am Abend also noch schnell packen, nur leichtes Gepäck, wir würden ja drei Tage später wieder nach Queenstown kommen.