Ab durch den Bush!

20.January 2012 - Port Augusta


Townsville verschluckte noch einmal eine gute Woche, in der wir uns zusammen mit Basti und Xandi auf die knapp 5000 Kilometer bis zur Südküste vorbereiteten. Unser Van wurde einem Mechanikercheck unterzogen, dessen Diagnose uns erstmal die Socken ausgezogen hat: 1300$ wenn wir wieder alles auf Vordermann bringen wollten! Gut, wir guckten die Liste durch und entschieden uns dann für den Wechsel einer Dichtung am Öltank und zwei neue Reifen. Hat auch gereicht, das rechte Vorderrad ist eben doch nicht abgefallen, wie man uns gewarnt hatte. Damit haben wir das gemacht was Backpacker immer machen: Hoffen, dass alles auch so gut geht. Doch weil ein Ersatzteil nicht richtig geliefert wurde, musste der Van für eine Nacht in der Werkstatt bleiben, was hieß: Wir waren für eine Nacht obdachlos. Die Nacht haben wir auf zwei Campingstühlen verbracht und wurden spätestens in große Unruhe gebracht, als später die Rasensprenganlage anging...
Ein alter Australier hatte uns vom Outback erzählt, dass wir in der Hitze der Mittagssonne nicht fahren könnten, weil sonst die Reifen platzen würden; und dass wir nachts nicht fahren könnten, weil zwei bis drei Meter große Kängurus vor den Van springen (hilft da die Bullbar noch?) würden. Okay.. Dann fährt man ja so gut wie gar nicht und bräuchte zwei Wochen allein bis zum Ayers Rock. Nach dem Grundsatz haben wir uns vorbereitet, jede Menge Wasser aufs Dach und, man ist ja nicht zum Spaß ein armer Backpacker, eine genauso große Menge Dosennudeln und Dosenbohnen von der Firma Heinz, weil sie im Angebot waren. Vierunddreißig Dosen waren auf jeden Fall mindestens dreiunddreißig-einhalb zu viel. Mit einem Elektronikertermin, der von der Reparatur der Scheibenwischer in den Einbau einer neuen Stereoanlage (man glaubt nicht wie wertvoll das ist, wenn man tagelang fährt!) umfunktioniert wurde, endete unsere Vorbereitung auf unseren tausende kilometerlangen Trip. Wir hatten alles was mann so im Outback braucht, literweise Wasser, Dosenessen, Benzin und selbstverständlich eine Axt, und als uns vor Rastlosigkeit die Füße schon abzufallen drohten, ging es endlich los: Auf die Straße, die von Townsville Tausende von Kilometern durch die Endlosen Weiten des australischen Innern führt und die wir bereits in Sydney als einen bedeutungsvollen Abschnitt unserer Reise auserkoren hatten. Wir fuhren in die heißeste, trockenste Region des trockensten Kontinents, in der absolut heißesten Zeit des Jahres.

Zwei Vans tuckerten mit spritsparenden 80 über den ewiglangen, einzigen gepflasterten Highway ins Outback, aus Vorstädten wurden Dörfer und schon nach 100 Kilometern landeinwärts fühlten wir uns wie inmitten des Nichts; tropischer Regenwald wurde zu trockenem Wald und schon bald gab's gar keine Bäume mehr. Die meiste Zeit fuhren wir durch Natur und hielten nur hier und da an um ein delikates Heinz-Nudeldöschen zu verdrücken oder zu tanken. Typisch für das australische Outback sind die Roadhäuser, die Tankstellen, Raststätten und Gasthöfe vereinen, weil es einfach sonst nichts an den Straßen gibt. Wir waren uns auch sicher, dass wir noch nie auf flachem Land so weit gucken konnten: Bis zum Horizont nur eine Straße und die Natur, mal Busch, dann wieder ein paar Bäume, ab und an ein paar Hügel; bis dann aus ewiger Ferne der erste Roadtrain anbrettert. Man hatte uns gesagt, das seien gewaltige Lastwagenzüge, die das Outback mit eiserner Zielstrebigkeit durchfahren und für nichts und niemanden anhalten. Ein riesiger Truck, wie man ihn aus amerikanischen Filmen kennt mit bis zu vier Anhängern, 55 Meter Länge und 128 Tonnen Gewicht. Während wir die Straße entlangfuhren, passierten wir daher immer wieder die Opfer eines Roadtrains: tote, zermatschte Kängurus (waren aber nicht 2 Meter groß...), Emus und sogar dicke, fette Bullen.

Bei der Fahrt stieg auch schnell die Temperatur, 36°, 37,5°, 40°, 43° und die einzigen Städte in der Abgelegenheit, die wir durchquerten, waren alte Minenstädte mit Namen wie Mt. Isa oder Charters Towers. Mit dem Überqueren der Grenze in das Northern Territory wich die Buschlandschaft der Queenslander Outbacks schlagartig einer gewaltigen, ewig weiten Steppe, in der höchstens ein paar Emus umherschlichen. Abends erbot sich uns sicherlich einer der eindruckvollsten Sonnenuntergänge, die wir je gesehen hatten, gefolgt von einem Sternenhimmel vollkommen frei von allen Lichtern der Zivilisation, was sogar die Milchstraße in all ihrer Klarheit zum Vorschein kommen ließ. Eindeutig eine unbezahlbare Erfahrung so weit in der Natur zu sein. Leider begrüßten uns auch die Fliegen und Ameisen herzlich und gingen uns ganz gehörig auf denselbigen, wann auch immer wir mal kurz anhielten. Doch was soll's: Immerhin keine Mücken mehr, die uns vorher monatelang genervt haben.

Nach weiteren gefühlten 20 Stunden Fahrt mit Tempo 80, bei denen wir uns die Zeit mit einem Freihändigfahrencontest und viel Musik auf Dauerschleife vertrieben haben, waren wir in Alice Springs angekommen, was sozusagen die Hauptstadt des Outbacks ist. 20000 Einwohner mag jetzt nicht besonders groß klingen (ist es auch nicht), aber im australischen Bush ist das eine Menge. Doch als ein paar Eingeborene anfingen unsere Karren mit Flaschen zu bewerfen, fühlten wir uns nicht ganz so willkommen und düsten schnell weiter. Viel zu sehen gab es in Alice Springs auch gar nicht, da es sich von der Stadt her nicht großartig von Townsville unterschied, außer dass hier alljährlich ein Bootsrennen in einem Fluss stattfindet ? in einem ausgetrockneten Fluss.
200km südlich, das erste Touristen Highlight: Die ?Devil's Marbles?, Teufelseier, und so sahen die großen roten, eierförmigen Felsbrocken auch aus. Und endlich sahen wir auch, was wir die ganze Zeit von Australien erwartet hatten: Roten Sand!
Nach einer weiteren Rast, wieder an einem ausgetrockneten Fluss, ging es zum Ayers Rock bzw. Uluru, dem Wahrzeichen Australiens. Diesen riesiggroßen roten Felsbrocken beschauten wir bei Tageslicht, Sonnenuntergang und Sonnenaufgang, um all seine wechselnden Farben und Farbspiele zu erleben und bestaunten vor allem, wie viele Touristen eine Tausende Kilometer lange Reise in die Mitten der Wüste auf sich nehmen, nur um einen Felsen anzugucken. Besteigen durften wir den Uluru nicht, da die heimischen Aborigines sehr große Trauer verspüren, wenn sich dabei jemand verletzt, und der Stein eines ihrer größten Heiligtümer ist.
Wir widmeten den nächsten Tag den Olgas bzw. Kata Tjuta, die im Endeffekt ähnlich wie der Uluru sind - große, rote Steine, von denen nur ein Teil aus dem Boden ragt ? und die wir glücklicherweise sogar besteigen durften, in üblicher Wandermontur: Flip Flops und Tank Top! Am letzten Tag fuhren wir zum Kings Canyon in der Nähe (200 Kilometer) und wanderten auch dort noch einmal, an den Rändern der steilen Schlucht mit ihren eindrucksvollen senkrechten Felswänden und dem ?Garten Eden? im Innern. Mit ein wenig schwimmen, klettern und einem Sprung stand man dann auf einer Platte in der Mitte des Canyons an einem Wasserfall, links und rechts die Felssteilwände und nach vorne der Panoramablick in die Wüste der australischen Mitte.
Nun ging es weiter an die Küste. Nach einer letzten Rast im Outback, in dem zweifelsfrei trostlosesten Ort, den man sich vorstellen kann, erreichten wir an einem Donnerstag Port Augusta in South Australia. Dort hieß es, sich von Xandi und Basti, unseren fast 2 monatigen Reisegefährten zu trennen. Der Abschied fiel uns nicht schwer, doch wir wollten weiter nach Western Australia und für die Jungs ging es in Richtung Osten. Auf weitere 2500 Kilometer bis Perth!