Tauchen, diesmal etwas anders!

15.June 2012 - Innisfail


Datum: 29.05.2012

Rote Lampe ? drei Minuten bis zum 'drop off', bis zum 'Rauswurf'. Schnallen prüfen, Gurte straff ziehen, Brille aufsetzen.
Gelbe Lampe ? eine Minute bis zum 'drop off'. Eng zusammenrücken, finaler Check ? OK!
Grüne Lampe ? Tür ist offen. Bereit zum Absprung, zurücklegen, abfliegen!

Der Weg von Cairns im Bus bis nach Innisfail war ruhig, die Leute und Mitfahrer entspannt. Etwa eine Stunde sind wir in südliche Richtung gefahren bis wir vom Highway abgebogen sind. Der Himmel war bedeckt, die Luft frisch. Ein tiefer Atemzug ? ahhhh. Unsere Ankunft wurde durch Warnschilder mit den Aufschriften 'Warning: Drop-off-zone' und 'Warning: Parachutes landing' angekündigt. So, da waren wir also, die Homebase von 'Cairns Tandem Skydive' (= 'Himmeltauchgang'), der Organisation, mit der ich mein nächstes großen Spektakel gebucht habe. Um genau zu sein ein Spektakel, das einen Sprung ins Ungewisse gleicht, wie ich im letzten Blog schon erwähnt habe. Ein kurzer Blick zum Himmel verriet uns, was uns heute bevorstand: Kleine Punkte, die da an bunten Fetzen aus Stoff gen Erde gleiten. Warte, war wirklich ich derjenige, der das gebucht hat?! Will ich das wirklich?! Ich hab Mama und Papa gar nicht mehr angerufen!! Aber die Antwort war immer die gleiche: JA, ich will, YES we can!
Das Briefing, also eine Besprechung, wie denn später alles ablaufen wird und was wir genau zu tun und zu beachten haben, was der erste Punkt des Tages. Uns wurde erklärt, wie wir uns beim Absprung und wie wir uns bei der Landung verhalten müssen etc. Da wurde uns dann langsam bewusst, dass wirklich gleich richtig was abgeht!! Einigen Minuten vergingen noch, in denen alle ungeduldig auf ihren vier Buchstaben hin- und hergerutscht sind, durch die Luft geschaut haben und manchmal einfach nur versucht haben, mit ihrem Blick Löcher in die Wand zu bohren. Puuh, gleich soll ich da raus und Springen?! Sind die bekloppt? War ich bekloppt als ich das gebucht habe? Solche und viele ähnliche Gesichtsausdrücke waren nicht selten zu sehen. Aber was solls, wird alles werden... hoffentlich!
Dann ging es los: Die ersten 5 oder 6 Banausen wurden zusammengerufen, darunter auch ich. Mein Herz hat sicherheitshalber mal 10 Schläge pro Minute zugenommen, wer weiß was jetzt kommt. Nachdem ich mir eine stylische, rote Hose drübergezogen habe (da ich es nicht so toll fände, bei einer missglückten Landung mit grün-braunem Arsch von der Piste abzutreten) mussten wir rein ins 'Geschirr'. Wie bei Pferden wurde uns eine Schlaufen nach der anderen um Körper, Arme und Beine gelegt bis mein Tandempartner, der für diesen Sprung quasi meine Lebensversicherung war, das okay gab. Ein kurzes Video vor dem Sprung, alles noch gut, die Aufregung steigt, aber hält sich dennoch in Grenzen. (Das ganze Video-Zeugs kann ich euch zeigen, wenn ich wieder im Lande bin). Ein summen der Motoren sagte uns, dass das Flugzeug soeben gelandet war und bereit ist, die nächste Ladung Adrenalin-Junkies in die Lüfte zu bringen. Der Rucksack mit dem gefalteten Fallschirm als Inhalt stand schon bereit. Alles klar, gut zusammengelegt hoffe ich damit er auch aufgeht, die haben das ja schon zig-tausend mal gemacht! Aber zum viel Nachdenken blieb mir eigentlich gar keine Zeit, denn schon hopp sa sa ging es durch das Tor auf die Start- und Landebahn ins Flugzeug. Der Himmel hat zwar hier und da schon ein paar Sonnenstrahlen durchscheinen lassen, im großen und ganzen war jedoch dominierte immer noch eine Dicke weiß-graue Wolkenschicht am Himmel. Der Motor läuft, die Tür wurde geschlossen. Die Maschine rollt auf die Startbahn. Vollgas. Kontakt zum Boden verloren, jetzt sind wir in der Luft, jetzt gibt es kein Zurück mehr. Nach einigen Minuten Flug, bei denen die Aussichten nicht so prickeln waren, da wir immer nur durch die Wolken geflogen sind, ist die 'Prozedur' zum ersten Mal abgelaufen: Rote, Gelbe Grüne Lampe und raus: bei 10.000 Fuß (3050 Meter) ist die erste Dame mit ihrem Instruktor auf dem Rücken aus dem Flugzeug gesprungen. Schon was krasses, wenn plötzlich eine Tür in 3 Kilometer Höhe aufgeht und dann jemand adee, lebe wohl sagt. Aber für uns war natürlich noch lange nicht die Ziel-Höhe erreicht: Weitere 5-10 Minuten Flug brachten uns auf das gewünschte Niveau: 14.000 Fuß (4270 Meter), das war die Höhe, von der 'richtige' Skydiver abspringen. Viele blasse Gesichter sahen mich aus sämtlichen Richtungen an. Jungs, gleich geht?s los! Der Blick nach unten verriet uns leider nichts über die Höhe, denn die Wolken verhinderten einen Blick bis zum Boden. Dennoch sind wir in einer ganz schönen Höhe, das verriet mir mein Instinkt. Und dann ging das Herz los als auf einmal eine Leuchtdioden in den Farben einer Ampel aufgeleuchtet haben:
Rot, Gelb, Grün, BAAAAM!! Der Wind flattert und rüttelt an der Tür. Alle rutschen langsam zum Ausgang, zum 'Notausgang'. Erster, raus! Zweiter, raus! Dritter, raus! Jonas...... RAUS! Der Wind schießt mir ins Gesicht, freier Fall. Um genau zu sein eine Minute freier Fall! Wir werden schneller und schneller. Mein Mund stand offen vom Schreien, staubtrocken. Mit 200 km/h dem Erdboden entgegen. GEEEEEEILO! Durch die Wolken war es so gut wie unmöglich abzuschätzen wie hoch wir den waren und wie weit es noch bis zu den Wolken war, aber als ich nach unten sah, sah ich die Skydiver, die vor mir gesprungen sind. Und die waren verdammt weit weg! Das ist noch ein ganzes Stück! Ein ganzes Stück im freien Fall! Mein Herz ging durch die Denke, Puls über 100 pro Sekunde! Wir wurden schneller und schneller! Gleich müssen wir verglühen. Und dann wurde es aufeinmal richtig feucht, fast nass um mein Gesicht. Wir schießen mit halber Lichtgeschwindigkeit durch die Wolken, Sichtweite unter 10 Metern. Waren die Wolken vielleicht bis zum Erdboden gesunken und wir knallen auf, sobald wir durch sind?! Nein, das kann nicht sein. Und dann plötzlich ein kurzer Ruck und wir begannen zu taumeln. Nach links, nach rechts. SHIT! Der Fallschirm geht nicht auf, nein! Ich hab schon lange voll die Orientierung verloren, während ich mich hilfesuchend zu meinen Instruktor nach hinten umsah. Immer noch schwanken wir hin und her als würden wir auf Murmeln laufen. Oh nein, warum ich?! ? Warum ich?! Mein Herz stoppte, es rutschte mir tiefer als in die Hose. ? Genau darum! Denn plötzlich haben wir uns gefangen. Der Schirm 'steht'. Wir haben die Wolken hinter uns gelassen! Hah! Da ist der Boden, wir sehen den Boden! Im Vergleich zum freien Fall bewegen wir uns in Slowmotion in Richtung Boden. Langsam gleitend von links nach rechts. Langsam bis mein Chef an einer der Leinen zog. Dann haben wir uns wir ein Strudel nach unten geschraubt, den Boden auf uns zukommen sehend. Weniger Meter noch bis zum Aufprall. Nein kein Aufprall, wir schaffen das. 30 Meter, 20 Meter, 8 Meter, 2 Meter, Beine hochziehen, wieder aufstehen und Laufen! Festland, Boden, lasst mich das Gras küssen wir sind wieder da! Aber dafür war später noch genug Zeit. Die Emotionen gingen immer noch mit mir durch. Verdammt war das geil! Der Bescheuerte da ist gerade aus einem Flugzeug gesprungen. Verrückt, echt verrückt! Langsam, langsam aber sicher hab ich mich zu Fuß zurück zur Homebase gemacht. Die Knie immer noch zitternd, der arme 'fröstelnd', alles am Wackeln an der Gummipuppe! Aber das nicht ohne Grund, der Sprung ins Ungewisse hat sich zu einem absolut herzergreifenden Sprung in Richtung Spitze der Adrenalintabelle entwickelt. Viel genauer kann ich es euch leider nicht beschreiben, man muss so etwas gemacht haben! Andererseits kann man es nicht vollständig nachvollziehen.
Jetzt kann ich euch aber versichern, das alle Erlebnisse in und um Cairns erledigt sind. Es musste nun weiter nach Süden Richtung gehen. Dort ging es auch wieder Tauchen. Dann aber doch ehr auf die herkömmliche Art.....

Der Aussie lässt grüßen!!