Ein Farce folgte am eigentlichen Zoll, nachdem ich das Wörtchen "Food" auf meinem Einreiseformular dreisterweise kenntlich gemacht hatte, was dem Flughafenpersonal überhaupt nicht gefiel und in der Verbannung in die rote Schlange resultierte. Da stand ich nun auf dem Abstellgleis: Wie die runzligen Männer und Frauen bei Air New Zealand, den die Tür im Hospiz nun wieder offen stand. 364 Tage im Jahr. Aber wahrscheinlich nicht so lange. Dabei hatte ich wirklich nur Schokolade, Fudge und Fruit Mince Tarts im petto. Kein Fleisch, kein Obst und kein Gemüse. Auch nicht in meiner kleinen, platten Hokus Pokus-Gürteltasche, die ich mit aufs Band legen sollte. Hätte ja eine Apfelsine aus dem Flugzeug drin verstecken können. Aber sicher doch. Die bösen Vitamine. Wo hab ich sie bloß versteckt?
So was kann natürlich nur in den USA passieren. Nur dort kann man Obst auf Erbsengröße minimieren. Schwachsinn.
Sobald ich das Flughafenterminal verlassen durfte, lief alles wie am Schnürchen. Hinsichtlich des Pick-ups zumindest, der funktionierte reibungslos und auch den Starbucks an der Ecke gab es tatsächlich. Prima. Da war also auf das gute, alte Internet Verlass. Zur Abwechslung mal.
Ansonsten gestaltete sich der noch verbleibende Tag mehr und minder miserabel: Es regnete einladenerweise, lange Schlangen an der Rezeption, die von Heranwachsenden im Strickpulli - es war Weihnachten - abgewickelt wurden, ein Zimmer im Südturm - hieß im Klartext ab vom Schuss und gut einen Kilometer Strecke bis zur Lobby. Siebter Stock, Room 2729. Ein Hauptgewinn - und das inkompetenteste Personal, das mir je unter die Augen getreten war: Strunzdumme Mexikaner, die aufgrund ihrer würfigen Mutter auf dem Grenzstreifen der USA die Amerikanische Staatsbürgerschaft erhielten. Sich erschlichen hatten. Aber die Ausmaße werden die Kalifornier sicher am besten kennen. Dabei müssten einfach nur strenge Regulierungsgesetze her. Aber sollen die doch zusehen, wie sie mit dem Gesindel fertig werden. Ein Gesindel, das sich schneller ausbreitet als ein streuendes Krebsgeschwür im ganzen Körper.
Mit anderen Worten: Die Mexikaner sind nach den Schwarzen, die sich einigermaßen integrieren und etablieren konnten - jetzt sogar das Präsidentenamt für sich behaupten - das neue Krebsleiden im Schoße der Nation. Welch Ekel.
Und dieses Ekel darf nun die wichtige Position des Bellmans, des Routenplaners, der Pagen und der Shuttlesfahrer stellen, während ihre Frauen die Hausflure feudeln, die Zimmer putzen oder an der Bahnhofstoilette, mit Hämatomen übersät - auf Kundschaft warten. Willkommen auf dem Strich, Vergnügungspark für Gouvernöre, amerikanische Politiker und Beamte des hohen Gerichtes.
Ins verschriene Downtown, wo Korruption und Hurerei die Tagesordnung der Konzerne bestimmen, wollte ich mit deren Empfehlung - auch wenn ich von der Inkompetenz erst wenig später erfuhr - schon gleich gar nicht, zumal es kalt und dunkel wurde, die Fahrt allein aber schon 50 Minuten mit der Bahn gedauert hätte. One Way.
Zu spät für Klein Oscar, der ohnehin nur beraubt und erdolcht worden wäre und als verstümmeltes Kadaver in irgendeinem Gulli verschwände: Endstation Kanalisation. Na da gibt es Schöneres.
Das Gewerbegebiet am Flughafen zum Beispiel, welches mich im Regen so entzückte, dass ich naserümpfend gleich zu einer Erkundungstour aufbrechen musste. Oder eine nette, ausgiebige Gesprächsrunde mit zwei Deutschen - können die zur Abwechslung nicht mal in Deutschland bleiben - die über vergammeltes Essen bei Lufthansa klagten und darüber hinaus den Eindruck erweckten, als würde es gar stimmen. Und da soll man noch vorurteilfrei seinen Flug nach Hamburg antreten oder was? Ich glaube nicht, aber gut, dass Air New Zealand mir diesen Schock ersparte. Zumindest dieses eine Mal.
Bei so viel feinem Essen konnte ich mich auch nahezu überwinden, am 25. einen Burrito zu speisen. Aber auch nur fast. Ein Hamburger tat es nämlich auch. Leider nicht bei Wendys. Die Schweine gab es gar nicht. Na dann Merry Christmas.
Trotz fehlender Highlights - Starbucks das eine, ein kleiner Schokoladenweihnachtsmann von Cadbury, der abends und morgens mit meinem Plastiktablett serviert wurde, das andere - an diesem ersten und Anreisetag, kann ich nicht von mir behaupten, früh im Bett verschwunden zu sein. Im Gegenteil: Ein kostenloser Pool, Spa und Fitnessraum luden zur legitimen Nutzung ein. Klasse, Poolparty um 1 Uhr.
Es dauerte aber nicht lange - gleich am zweiten Abend - da brach die Elektrizität zusammen. Der Grund: Ich musste das Laufband so dermaßen überstrapaziert haben, dass im selben Moment die Sicherungen ausfielen. Und zwar alle. Mein kleines Geschenk an das ungehobelte Pack Mexikaner. Leider konnte ich es nicht selbst überreichen, denn bei stockfinsteren Bedingungen wollte ich unmöglich weitertrainieren und verließ fluchtartig den Raum.
Mit freundlichen Grüßen, Stromausfall.
Neuer Tag, neues Glück und auf gings zum Shoppen. Doch vorher wird fett gefrühstückt. Nach einer kalorienreichen Session bei Starbucks - Pumpkin Spice Latte oder Cinnamon Dolce? Was soll ich wählen? Doch den Peppermint White Chocolate Mocha? Nein, lieber den Egg Nog Latte. Mit extra viel Sahne. Oder nicht? Ach scheiße I'm confused. Dazu aber ne Ecke Gingerbread Loaf oder doch ein Stück vom Cranberry Bliss Bar. Am besten beides. Okay, beides - auch noch IHOP mit beweglichen Lettern: International House of Pancakes. Ein Name, den man sich besser einprägen sollte, denn die Coffee Streusel Pecan Pancakes sind ein Gedicht.
Nun aber los. Der After Christmas Sale läuft an und besser nicht ohne mich. Ich hab doch so eine lange Liste bekommen: Eric, Eric, Eric - ich les nur Eric. Wünsche von meinem Bruder. Und was krieg ich?
Neu Einkleiden war geplant, von Kopf bis Fuß, aber das wird doch wieder nichts. Der Bus fährt nämlich nicht: Torrance Number 8. Es ist Boxing Day und da braucht er nicht. Ich finde es dennoch ironisch, dass alle Einkaufscenter ihre Pforten öffnen, die Ladenhüter über Weihnachten versuchen loszuwerden und ein einfacher Bus versäumt es, seinen fetten Arsch zur nächsten Mall zu bewegen? Klar, es ist ja Feiertag im erzkonservativen Amerika. Da kriecht man lieber zu Kreuze. Oder der Kassiererin untern Rock. Tolle Werte. Eine richtige Wertegesellschaft ist das hier.
Also gut, wie komm ich sonst zum Del Amo Fashion Center? Richtig, gar nicht. Auf dem Parkplatz wollte mich nämlich niemand in seinem schicken Flitzer - alles deutsche Exportschlager Mercedes, BMW und Porsche - lassen, geschweige denn mitnehmen. Im Klartext: Per Anhalter läuft's hier nämlich nicht und apropos laufen: Das fiel ja mal gleich flach. Die Wegbeschreibungen variierten von sechs zu zehn, zu zwanzig Meilen, mal links und auch mal rechts vom Selpuveda Boulevard. Aber da liegt der Ozean. Theoretisch.
Also blieb mir nur der beschränkte Shuttleservice nach Manhattan. Dort weilte in "Schönheit und Größe" die Manhattan Village Mall und auch das Plaza El Segundo war nicht weit, riss mich aber ladentechnisch nicht vom Hocker. Einmal Gap und einmal Macy's, das genügte oder musste genügen. Mit einer neuen Hose und zwei Designerbrillen - Dolce & Gabana zum kleinen Preis - verbuchte ich den Tag letztlich als Erfolg. Noch zwei Bücher abstauben und der Nachmittag war gelaufen. Das ging aber schnell und Dunkelheit legte sich über die Vorstadt El Segundo, was den geplanten Strandbesuch unmöglich machte. Wieder wäre ich zwischen die Fronten geraten und in irgendeinem Ghetto abgestochen worden - Los Angeles besitzt nämlich die Eigenart soziale Schichten nicht zu trennen. Der Abschaum wohnt direkt im Luxus und umgekehrt. Arm und Reich gleich nebeneinander. Das kann nicht gut gehen - hätte ich nicht vorzeitig die Notbremse gezogen und mich zu Starbucks gesetzt. Zurück zum Hotel laufen konnte ich ja alleine. Höchstens eine Meile. Dafür war mein Stammplatz gewiss.
Doch erst die Einkaufstüten abladen. Hoch oben im siebten Stock. Viele sind es leider nicht geworden. Egal, dafür bin ich ja bekannt, Dinge zu zerstören oder in den Ruin zu treiben. Mit Menschen verhält sich das ganz ähnlich, wie ich nebenbei bemerkte.
Ich wollte gerade über die Straße - eine fünfspurige Autobahn auf beiden Seiten - rennen, die das Hacienda Hotel von meinem geliebten Coffee Shop trennt und war natürlich wieder mal zu faul, bis zur Ampel vorzugehen, die nach zehn Minuten auch tatsächlich funktionierte. Doch dabei geschah das Unfassbare: Als ich es gerade auf den Mittelstreifen schaffte und im Begriff war, auch über die anderen Fahrbahnen zu laufen, kam ein dunkelgrüner BMW mit Fahrer im fortgeschrittenen Alter angerollt, der meinte wie wild mit seinem Zeigefinger schütteln zu müssen. Als wolle er mir zu verstehen geben, dies sei als Jay-Walking gegen das Gesetzt und könne entsprechend geahndet werden. Mit Guillotine oder Stuhl. Ja sicher.
So ein Spinner dachte ich mir im Stillen, doch sein wirres Verhalten hatte ein böses Nachspiel, als er im nächsten Moment mit einem Pick-up kollidierte, der an einer roten Ampel zum stehen kam. Funken sprühten, Glas zerbröckelte und das Blech zerbeulte. Der Airbag sprang aus der Verankerung und schütze vor kleineren Verletzungen, die ich ihm so sehnlich wünschte.
Es stimmt also doch: Kleine Sünden bestraft Gott gleich. Aber nicht zu doll, denn deutsche Ingenieurtechnik verhalf zum Glück. Oder Pech, solange er keine Versicherung besaß.
Nachdem er aus dem Auto sprang und wie wilde anfing über irgendwas zu schimpfen, war ich auch schon über die Straße gefegt und im nächsten Supermarkt verschwunden. Es würde nämlich nicht lange dauern, ehe ein Streifenwagen Cops auftauchte, der mit der Befragung der Unfallteilnehmer begann. Doch dieses Spektakel hob ich mir für Starbucks auf. Am Fensterplatz. Mit einem großen Egg Nog Latte. Die Tageszeitung brauchte ich ja jetzt nicht mehr.
Fortsetzung siehe ... Ein Platz an der Sonne mit Schattenseiten 3


