Landleben?

01.September 2009 - Pferdefarm


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lange nichts mehr geschrieben,
aber jetzt werd ich mal über meine sehr interessante zeit auf der pferdefarm berichten. Der eintrag im wwoof-buch lautete so:

"Anton&Leigh Klemens, 31 Old Cedar Rd, Bingera, 4670. Ph: 07-41579962. E: aklemens@optusnet.com.au

23 undulating acres, overlooking a bautiful valley, 1 km from river, 15 min from Bunderberg & 25 mins from beach. 2-storey home. We have 8 children. We do home schooling and are a Christian vegetarian family. We are also into alternative electronic therapy. Work is gardening, HH duties & farmwork. Horse riding, swimming, bushwalking & relaxing. No smoking, drugs & alcohol."

ja, da hab ich mir dann was drunter vorgestllt, was auch mal gar nicht gepasst hat.
Um es vorweg zusammenzufassen: wenn es ein sozialamt geben würde, würden die kinder dort sein und zur schule gehen, wenn es ein tierschutzverein geben würde wären die pferde da und wenn es psychologischen sozialdienst gäbe hätten die eltern bzw die familie einen betreuer. Naja, dass gab es alles nicht und das hat meinen aufenthalt sehr interessant gemacht!
Von den 8 kindern waren noch 6 zu hause, und zwar im alter von drei bis 14 jahren, die beiden die schon ausgezogen sind sind 16 und 18. die kinder genießen leider keinerlei erziehung...
außerdem gehört die familie einer christlichen sekte an, d.h. es wird kein fleisch gegessen, morgens und abens gibt's worship (es werden lieder gesungen, bibel gelesen und gebetet) und vor jeden essen wird auch noch mal gebetet und gesungen:

"Be present at our table, Lord!
Be here and everywhere adored
These mercies bless and grant that
we may feast paradise with thee.
Amen"

dann gings los, die backpacker aßen mit messer und gabel und die klemens' größtenteils mit den fingern, die kinder haben sowieso die meiste zeit mit dem essen mehr gespielt als gegessen. Dann sind die kinder, wenn sie keinen hunger mehr hatten aufgestanden und es wurde alles stehn und liegen gelassen. Vom zähne putzen gar keine rede, und das sah man z.t. auch...

es fällt mir total schwer, das alles so wie ich es erlebt und gefühlt hab wiederzugeben, aber ich geb mein bestes...
home schooling im übrigen bedeutet dass eine stunde maximal am tag die kinder mehr oder weniger von der mutter unterrichtet werden, was aber nicht besonders viel bringt. Immerhin konnten sie lesen und rechnen...
also ich nehm mir dann mal die einzelnen personen vor:
Anton und leigh :
eltern, leigh,reitet seit zwei(!) Jahren, hatte leider keine richtige ahnung von pferden (sie meinte sie kauft schlechte pferde billig auf, bildet sie aus und verkauft sie dann wieder) - die meisten pferde (mehr als 30) waren nicht zu reiten, da sie durch falsche sättel bzw weil nicht nachgegurtet wurde total blutig geritten wurden. Es hat nichts geholfen, dass ich was sagte....so wurden dann von denen, deren rücken noch nicht offen war, westernpferde einfach versucht englisch zu reiten, oder es ging eine stunde oder mehr ohne pause im galopp am strand lang, dann mussten die pferde noch ins meer um die neuen blutigen stellen zu desinfizieren und dann ne dreiviertel stunde auf nen offenen hänger bei 90km fahrtwind und 12 grad...
und davon könnte ich noch so viel mehr erzählen.
Abgesehen davon, dass leigh versucht die pferde zu verlaufen baut anton geräte zur alternativen elektro therapie, alles sehr esotherisch. z.b. den pulsar, sieht aus wie ne kleine pfanne, schwer, es geht ein kabel rein und es soll helfen, wenn man prellungen / brüche ect hat, für 600 $. dann noch ein elektrisches blutreinigungsgerät in armbangform, "es tötet alle schlechten viren und bakterien"...

naja nun zu den kindern, die z.t. Wirklich liebenswert waren und z.t. gar nicht.
Da gibt es james, der 14 geworden ist, als ich da war. Gefeiert wurde nicht, geschenk gabs auch nicht. Er ist der einzige, der zur schule gehen darf und verabscheut den glauben.
Daniel, elf, braucht wie alle seine jüngeren geschwister nachts noch eine windel. Frech, aber lange nicht so schlimm wie seine jüngeren geschwister hannah (ca.7) und sammie (5), die horrorkinder. Kann keine worte finden, kommt selbst vorbei. Sammie hat sich noch nie im leben die zähne geputzt, es waren auch keine mehr da (bei dem rest sahs überraschenderweise noch ziemlich gut aus). Hannah war einfach nur hinterhälting und link, und wenn schuhe verschwanden oder man von einem nassen stinkenden trockentuch oder einer vergammlten frucht oder was-auch-immer getroffen wurde wusste man schon wer es war.
Achja alle kinder liefen tagelang, tag und nacht, in den gleichen klamotten rum, ab und zu mal duschen, abwischen? - keine ahnung.
Dann gab es noch emilie, drei und total lieb. Hat immer gelächelt und war (noch) nicht schlimm...
auch sehr nett war grace, neun, die auch meistens auf mich gehört und sogar hausaufgaben mit mir gemacht hat. Mein lieblingskind dort. Waren auch viel im busch wandern mir ihr und den anderen backpackern.
Dann gab es noch charlie, der franzose, der schon seit drei monaten dort ist und sich für den pferdeflüsterer hielt aber eigentlich ganz nett war...

die anderen wwoofer waren zwei deutsche mädels, von denen eins zusammen mit christian (meinem reisegefährten) zur schule gegangen ist (was für zufälle es gibt...), ein schwede, ein engländer, ein koreaner und zuguter letzt "susi jesus" isor, der alle ständig versucht hat zu bekehren. Ach ja, nicht vergessen: damit die wwoofer unterkunft hatten haben die kinder nicht in ihren zimmern geschlafen sondern im wohnzimmer auf decken.
Zu essen gab es meistens istant nudeln (ironischer weise mit beef flavor, und dass in einem vegetarischen haushalt), suppe oder eis (ja, auch zum abendbrot). Statt milch zu den cornflakes wurden sonnenblumenkörner, wasser und honig verwendet.
Samstags war sabbath, d.h. arbeit oder jegliche körperliche betätigung waren verboten, kein schwimmen, kein trampolin, kein waschen, auch kein abwaschen. Duschen ja sowieso nicht ;). morgens ging es in die sektenkirchen, aber ich war nicht mit nachdem wir am abend davor eine diskussion über evolution vs erschaffung hatten und ich mitbekommen hatte wie krass die eigentlich sind.
Trotz allem habe ich mich komischerweise sehr wohl gefühlt und war ein bisschen traurig schon nach einer woche weiter zu müssen. Naja, ich kann es eh nicht wirklich beschreiben, wie es war, aber es war besser und lustiger als es vllt oben kling!
Na gut jetzt hab ich das auch mal endlich aufgeschrieben, wurde zeit bevor ich alles vergesse ;)
oh man es geht bald nach hause...am 10.10. geht mein flug...
na gut, geh jetzt ins bett!
Bis später!